Achtung Satire! Elektronische Friedensstifter im Finanzamt

Ein Computer, der Streit schlichtet? Was nach Science-Fiction klingt, scheint in deutschen Finanzämtern bereits Wirklichkeit zu werden. Während Algorithmen in sozialen Medien oft für Aufregung sorgen, wirken sie im Steuerrecht offenbar besänftigend auf erhitzte Gemüter.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Am Bundesfinanzhof in München, dem höchsten deutschen Gericht für Steuern und Zölle, sinkt die Anzahl der Verfahren seit Jahren kontinuierlich. Wurden 1990 noch knapp 4.000 Fälle verhandelt, waren es 2022 nur noch 1.958, 2023 lediglich 1.816, und im vergangenen Jahr erreichten gerade einmal 1.744 Verfahren den BFH. Ein Rückgang um mehr als die Hälfte – und das in einem Land, in dem das Diskutieren über Steuern fast so beliebt ist wie das Reden über das Wetter.

BFH-Präsident Hans-Josef Thesling sieht einen Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung. „Die Klagebereitschaft ist einfach zurückgegangen“, stellte er bei der Jahrespressekonferenz in München fest. Der Grund: Ein erheblicher Teil der Steuererklärungen wird mittlerweile von Computern begutachtet, ohne dass menschliche Finanzbeamte eingreifen müssen.

Das sogenannte „Risikomanagementsystem“ gewichtet die Prüfung von Steuererklärungen computergesteuert. Vielleicht liegt es daran, dass Algorithmen keine schlechten Tage haben, nicht mit dem falschen Fuß aufstehen und auch nicht durch den berüchtigten „Dienst nach Vorschrift“ auffallen. Sie bewerten nüchtern nach programmierten Parametern – ohne emotionale Vorbehalte gegenüber kreativen Steuergestaltungen.

Interessanterweise ist dieser Trend zum Rechtsfrieden nicht auf die Finanzgerichte beschränkt. Auch in anderen Bereichen der Justiz nehmen die Klagezahlen ab – mit der bezeichnenden Ausnahme der Strafjustiz. Offenbar lässt sich über Steuern und Gebühren eher eine gütliche Einigung erzielen als über die Frage, wer den Nachbarschaftsstreit begonnen hat.

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die kühle Logik der Maschinen für mehr Harmonie zwischen Steuerzahlern und Finanzbehörden sorgen könnte? Vielleicht sollten wir uns als nächstes überlegen, ob Algorithmen auch bei Familienfeiern vermitteln können, wenn die Diskussion auf Politik oder Fußball kommt.

Recht kurzweilig
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