Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht – fristlose Kündigung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen entschied (Az. 15 SLa 127/24), dass die fristlose Kündigung einer Arbeitnehmerin wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit wirksam war. Die Entscheidung folgte auf eine Berufung gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück, das die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin abgewiesen hatte.

Die Sekretärin einer Grundschule in Niedersachsen hatte nach der Ablehnung ihres Urlaubsantrags eine Krankschreibung eingereicht. Diese deckte den Zeitraum vom 5. bis 7. Juli 2023 ab. Trotzdem nahm die Frau am 6. Juli 2023 an einem Trainerlizenz-Lehrgang bei der Landesturnschule teil. Der Arbeitgeber erfuhr von dieser Teilnahme und kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, sowohl als Tat- als auch vorsorglich als Verdachtskündigung.

Das Arbeitsgericht Osnabrück hatte die dagegen gerichtete Klage abgewiesen, da es den dringenden Verdacht gab, dass die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht war. Die Beschäftigte konnte im Verfahren keine ausreichenden Umstände darlegen, die gegen diesen Verdacht sprachen. Das Gericht betonte, dass es nicht ausreiche, lediglich auf die ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu verweisen. Vielmehr hätte die Arbeitnehmerin konkret darlegen müssen, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden und welche Maßnahmen ihre Ärztin empfohlen hatte.

Verdachtsmomente waren ausreichend

In der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht wurde die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt. Das LAG stellte fest, dass die Arbeitnehmerin ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen war. Diese Last erfordert, dass der Arbeitnehmer bei erschütterter Beweiskraft der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung konkrete Umstände darlegt, die für das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit sprechen. Die Beweiskraft der Bescheinigung war in diesem Fall erschüttert, da sie für einen Zeitraum ausgestellt wurde, für den die Arbeitnehmerin zuvor erfolglos Urlaub beantragt hatte. Zudem verstärkten die Teilnahme am Lehrgang und die fehlende Abmeldung von diesem Lehrgang trotz der verweigerten Urlaubsanfrage die Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit.

Das Gericht betonte, dass die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zwar ein wichtiges Beweismittel ist, der Arbeitgeber jedoch den Beweiswert erschüttern kann, indem er Umstände darlegt, die Zweifel an der Erkrankung begründen. In diesem Fall sah das Gericht die Zweifel als ausreichend begründet an, um die Beweiskraft der Bescheinigung zu erschüttern. Eine vorherige Abmahnung war aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung nicht erforderlich. Die umfassende Interessenabwägung fiel zugunsten des Arbeitgebers aus, da die Arbeitnehmerin keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine tatsächliche Erkrankung vorlegen konnte.