Gemäß § 3 Abs. 1 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) haben Arbeitnehmer einen jährlichen Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen. § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG besagt, dass von diesen Regelungen nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann. Wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gewährt werden kann, ist er nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Doch was gilt, wenn der Arbeitnehmer das Unternehmen verlässt und der Urlaub nicht mehr angetreten werden kann?
Dazu hat das Bundesarbeitsgericht bereits 2013 in einem wegweisenden Urteil (Az.: 9 AZR 844/11) eine Entscheidung getroffen, die noch immer aktuell ist und auf die häufig verwiesen wird: Arbeitnehmer können auf ihren gesetzlich verbrieften Urlaub oder auf die alternative Urlaubsabgeltung in Geld verzichten. Das gilt auch während der Zeit der Beschäftigung, die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, dafür zu sorgen, dass der Mitarbeiter seinen Urlaub nimmt, wird jedoch hoch gewichtet. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gilt dies jedoch ohne weitere Einschränkungen.
Urlaub oder Abgeltung ist kein Muss
Der Fall, der diesem Urteil zugrunde lag, betraf einen Arbeitnehmer, der nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses einen Vergleich mit seinem Arbeitgeber geschlossen hatte. Dieser Vergleich sah die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Zahlung einer Abfindung vor. Zudem war festgelegt, dass mit der Erfüllung des Vergleichs alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erledigt seien. Später forderte der Arbeitnehmer jedoch Urlaubsabgeltung für 70 nicht genommene Urlaubstage. Der Arbeitgeber verwies auf den entsprechenden Passus im Vergleich und verweigerte weitere Zahlungen. Es kam zum Gerichtsverfahren, das bis zum BAG geführt wurde.
Bis zu diesem Urteil hatte das BAG die sogenannte „Surrogatstheorie“ vertreten, wonach der Urlaubsabgeltungsanspruch als Ersatz für den Urlaubsanspruch galt und daher nicht darauf verzichtet werden konnte. Aufgrund neuer europarechtlicher Vorschriften hat das BAG diese Theorie aufgegeben. Nach der aktuellen Rechtsprechung ist der Urlaubsabgeltungsanspruch ein reiner Geldanspruch, auf den ein Arbeitnehmer verzichten kann.
EU und BAG schafften nachhaltig Klarheit
Das BAG stellte klar, dass ein Verzicht auf den Urlaubsabgeltungsanspruch wirksam ist, wenn dieser Verzicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt und der Arbeitnehmer die Möglichkeit hatte, seinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung vertraglich zu fixieren.
Für Arbeitgeber bedeutet dieses Urteil seitdem eine erhöhte Rechtssicherheit bei der Gestaltung von Aufhebungsverträgen und Vergleichen. Wichtig ist allerdings, dass ein Verzicht auf den Urlaubsabgeltungsanspruch klar und eindeutig im Vergleich oder Aufhebungsvertrag formuliert wird und erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt – dann nämlich, wenn der Urlaub nicht mehr genommen werden kann.
Zu beachten: Regelungen für Tarifgebundene
Das BAG hat in seinem Urteil auf § 4 Abs. 4 Satz 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) hingewiesen. Nach dieser Vorschrift sind Vereinbarungen, die von tariflichen Regelungen abweichen, nur zulässig, wenn sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder zugunsten des Arbeitnehmers geändert werden. Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig.
Bei Tarifbindung, also wenn der Arbeitgeber im Arbeitgeberverband und der Arbeitnehmer in der Gewerkschaft organisiert sind, wäre der Verzicht auf den Urlaubsabgeltungsanspruch unwirksam. Unternehmer sollten daher bei tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen besonders sorgfältig vorgehen und im Zweifel rechtlichen Rat einholen.