Korrektur bestandskräftiger Steuerbescheide nach Außenprüfung

Der Bundesfinanzhof hat eine wegweisende Entscheidung zur Korrektur bestandskräftiger Steuerbescheide getroffen. Das Urteil betrifft insbesondere Unternehmer, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln (Az.: III R 14/22)

Hintergrund des Falls

Ein Einzelhändler hatte seinen Gewinn mittels der Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt. Das Finanzamt veranlagte ihn zunächst entsprechend seiner Steuererklärung und ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Eine spätere Außenprüfung beanstandete jedoch die formelle Mangelhaftigkeit seiner Aufzeichnungen und führte zu einer Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen. Daraufhin änderte das Finanzamt die bereits bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide für die betroffenen Jahre. Diese Änderung stützte sich auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, der Korrekturen ermöglicht, wenn nachträglich steuererhöhende Tatsachen bekannt werden.

Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte grundsätzlich die Zulässigkeit solcher Änderungen. Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO können bestandskräftige Steuerbescheide auch dann korrigiert werden, wenn sich nicht nur das Fehlen von Betriebseinnahmen, sondern auch die Art und Weise der Aufzeichnung als mangelhaft herausstellt. Diese Regelung gilt sowohl für Aufzeichnungen über den Wareneingang (§ 143 AO) als auch für sonstige Belege und Aufzeichnungen bei der Einnahmenüberschussrechnung, selbst wenn § 4 Abs. 3 EStG keine formellen Aufzeichnungspflichten vorschreibt.

Konsequenzen für die Praxis

Das Urteil unterstreicht, dass formelle Mängel in der Buchführung ernst genommen werden müssen. Auch wenn keine förmliche Aufzeichnungspflicht besteht, können unzureichende Aufzeichnungen zu Nachschätzungen und damit zu Steuererhöhungen führen. Unternehmer sollten daher sicherstellen, dass ihre Aufzeichnungen auch formell korrekt und nachvollziehbar sind.

Weiteres Verfahren

Im konkreten Fall konnte der BFH jedoch nicht abschließend entscheiden, ob die Änderung der Steuerbescheide rechtmäßig war. Das Finanzgericht muss nun im zweiten Rechtsgang prüfen, ob die Aufzeichnungen des Klägers tatsächlich Mängel aufwiesen, die eine Hinzuschätzung rechtfertigen. Entscheidend ist dabei, ob das Finanzamt bereits bei vollständiger Kenntnis der Aufzeichnungen im Zeitpunkt der Veranlagung schätzen und eine höhere Steuer festsetzen hätte können.