Mindestschriftgröße bei Verträgen: LG setzt Präzedenzfall

Das Landgericht Darmstadt hat mit seinem Urteil vom 28. Mai 2024 (Az.: 8 S 7/23) eine richtungsweisende Entscheidung zur Frage der Mindestschriftgröße in Vertragsunterlagen getroffen. Obwohl der konkrete Fall eine Mieterhöhung nach Modernisierung betraf, könnte das Urteil weitreichende Folgen für die gesamte Vertragsgestaltung in Deutschland haben.

Der konkrete Fall

Ein Vermieter hatte nach Modernisierungsarbeiten eine Mieterhöhung angekündigt. Die beigefügte Kostenzusammenstellung und Berechnung war in einer Schriftgröße von lediglich 4 bis 5 Punkt verfasst. Der betroffene Mieter klagte gegen diese Mieterhöhung – mit Erfolg. Das Gericht erklärte die Mieterhöhung für unwirksam.

Die Kernaussagen des Urteils

  • Eine Schriftgröße von mindestens 6 Punkt (pt) ist in der Regel erforderlich
  • Ausnahmen sind nur bei besonders scharfem Druckbild möglich
  • Die Lesbarkeit ist elementarer Bestandteil der Wirksamkeit von Dokumenten in Textform

Das Gericht argumentierte, dass die gesetzlich vorgeschriebene Textform nur dann ihren Zweck erfüllt, wenn der Empfänger die Informationen auch tatsächlich zur Kenntnis nehmen kann. Eine zu kleine oder schlecht lesbare Schrift verhindert dies und macht das Dokument damit unwirksam.

Weitreichende Implikationen

Die Entscheidung hat potenziell weitreichende Konsequenzen für verschiedene Rechtsbereiche:

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

    • Bereits 1986 hatte der BGH entschieden, dass schwer entzifferbare AGB nicht Vertragsbestandteil werden
    • Das aktuelle Urteil konkretisiert diese Anforderung durch eine spezifische Mindestgröße

    Verbraucherschutz

      • Die Entscheidung stärkt die Position von Verbrauchern
      • Sie bietet konkrete Anhaltspunkte für die Beurteilung der Wirksamkeit von Vertragsunterlagen

      Digitale Kommunikation

        • Die Anforderungen gelten auch für digitale Dokumente
        • Besondere Relevanz für Online-Geschäfte und digitale Vertragskommunikation

        Offene Fragen

        Das Urteil wirft auch einige noch zu klärende Fragen auf. Klar ist, dass das Urteil die Regelungen des BGB betrifft, insbesondere, wenn Verbraucher Vertragspartner sind. Doch inwieweit gelten diese Anforderungen auch im B2B-Bereich? Und sind die Maßstäbe anders anzusetzen, wenn das HGB Anwendung findet?

        Die praktische Bedeutung geht dabei weit über den Bereich der Wohnraummiete hinaus und betrifft potenziell alle Bereiche der Vertragsgestaltung. Für die Zukunft ist also zu erwarten, dass sich weitere Gerichte mit dieser Thematik befassen werden, was zur Herausbildung noch präziserer Standards führen könnte.