Die Ermittlung der Anschaffungskosten eines Grundstücks mit Gebäude dürfte in den meisten Fälle kein praxisrelevantes Thema sein. Doch es rückt dann in den Fokus, wenn sich der Wert zwischen dem Tag der mündlichen Vereinbarung, des notariellen Vertragsabschlusses und dem Zeitpunkt des tatsächlichen Übergangs von Besitz und Gefahr, Nutzen und Lasten signifikant ändert oder eine geraume Zeitspanne zwischen den Stichtagen liegt
Das Finanzgericht Münster hatte sich mit einem Fall zu befassen, bei dem der Kläger mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 17.11.2017 ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück für 2,4 Millionen Euro erwarb. Der Gefahrenübergang sowie der Übergang von Nutzen und Lasten wurden für den Folgetag der vollständigen Kaufpreiszahlung vereinbart. Dies war der 30. März 2018.
Bei der Aufteilung der Anschaffungskosten konnte sich das Finanzamt nicht mit der vom Kläger vertretenen Auffassung anschließen, dass die erste mündlichen Vereinbarung, zumindest aber die der notariellen Beurkundung maßgeblich sei. Das Finanzgericht stellte sich nach Einholung eines Gutachtens auf die Seite des Finanzamtes und urteilte, dass bei einer erheblichen Abweichung der Wertverhältnisse zwischen dem Beginn der Erwerbsaktivitäten und dem Tag des vereinbarten Gefahrenübergangs letzterer maßgeblich ist.
Zwar ging es im Streitfall um steuerliche Aspekte, doch dürfte der Sachverhalt in der Praxis relevanter für Schäden sein, die nach der Aufnahme der Vertragsverhandlungen und vor der Bezahlung des Kaufpreises liegen (FG Münster, Az.: 8 K 2748/20 E). Hier könnten etwa wertmindernde Einflüsse durch Hochwasser, Sturm oder andere Umwelteinflüsse infrage kommen. Besteht keine Elementarschadenversicherung, ist nämlich die Frage zu beantworten, wer zum Zeitpunkt des Ereignisses Gefahrenträger war. Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen.