Schwierig ist nicht unmöglich

„Es war mir zu schwierig, deshalb habe ich es aufgegeben“, ist einer der Sätze, die man von seinen Mitarbeitern nicht hören will – und erst recht nicht von einem mit einer Vollstreckung beauftragten Gerichtsvollzieher. Diese erstaunliche Weigerung führte nun zu einem BGH-Urteil, das klarstellt, dass es für Gerichtsvollzieher „zu schwierig“ nicht geben darf. Im Zweifelsfall hat er sich kompetente Unterstützung zu holen (BGH, Az.: I ZB 8/17).

Überforderung auf ganzer Linie

Im konkreten Fall ging es um die Vollstreckung eines Urteils, mit welchem die Schuldnerin zur Herausgabe mehrerer Unterlagen verurteilt worden war. Dafür wurde dem Gerichtsvollzieher der vollstreckbare Titel sowie eine 34-seitige Liste übergeben, in der alle Dokumente aufgeführt waren. Bereits die Tatsache, dass diese Liste in englischer Sprache abgefasst war, überforderte ihn so sehr, dass er den Auftrag mit der Begründung ablehnte, die herauszugebenden Gegenstände im Titel nicht hinreichend bestimmt bezeichnet worden seien. Der Einfall, eine Übersetzung zu verlangen, kam ihm offenbar nicht. Darüber hinaus, so sein zweites Argument, den Auftrag abzulehnen, sei es ihm unmöglich, die teilweise als elektronische Daten herauszugebenden Unterlagen zu identifizieren. Zur Sprachbarriere kam also, dass er nicht gewillt war, die Schuldnerin darum zu bitten, die entsprechenden Dokumente auszudrucken oder auf einen Datenträger zu speichern.

Kein Grund für eine Ablehnung

Die Gläubigerin ging mit dem Rechtsmittel der Erinnerung gegen den Gerichtsvollzieher vor; das Amtsgericht bestätigte diesem jedoch ein Recht auf Inkompetenz. Mit der darauf beim Landgericht eingereichten Beschwerde hatte die Gläubigerin Erfolg – der Gerichtsvollzieher wurde zum Handeln aufgefordert. Auf seine Rechtsbeschwerde gegen dieses Urteil bestätigte der BGH in letzter Instanz, dass die Vollstreckung nicht mit den gegebenen Begründungen abgelehnt werden durfte.

Was die in Form von Daten herauszugebenden Unterlagen anbelangt, so klärte der BGH den Gerichtsvollzieher auf, können Daten, die nicht auf einem geeigneten Datenträger verkörpert sind, zwar in der Tat nicht Gegenstand einer Herausgabevollstreckung nach § 883 Abs. 1 ZPO sein, wenn der Schuldner sich weigert, sie auszudrucken oder etwa auf eine DVD zu speichern. Stattdessen müssen solche Informationen im Rahmen eines Auskunftsanspruchs geltend gemacht werden. Jedoch durfte der Vollstreckungsauftrag nicht pauschal abgelehnt werden, nur weil einige Dokumenten nur als Computerdaten vorlagen. Die überwiegende Anzahl nämlich war in Papierform in Ordnern abgeheftet. Demzufolge hätten diese Dokumente ohne Weiteres identifiziert und mitgenommen werden können.

Im Zweifel hilft ein Fachmann

Auch das Argument der erschwerten Identifizierung der Unterlagen ließ der BGH nicht gelten. Der Gerichtsvollzieher hätte im Zweifel einen Sachverständigen hinzuzuziehen müssen. Darüber hinaus konnte auch der Umstand, dass die Anlage zum vollstreckbaren Titel in englischer Sprache verfasst war, die Vollstreckung nicht ohne Weiteres verhindern. Besitzt ein Gerichtsvollzieher nur unzulängliche Englischkenntnisse, kann und soll er ohne weitere Verzögerung eine beglaubigte Übersetzung anfordern oder auf Kosten der Gläubigerin vornehmen lassen. Somit wurde nun auch höchstrichterlich bestätigt, dass schwierig nicht gleichzusetzen sein darf mit unmöglich.