THEMA: Höhere Gewalt

Tsunami in Fukushima, Hochwasser an der Ahr, Erdbeben in China, Vulkanausbruch auf La Palma, die Corona-Pandemie, der Angriffskrieg in der Ukraine und die daraus folgende Energiekrise – man könnte noch mehr Katastrophen aufzählen, die Menschenleben gefordert haben, aber auch Unternehmen vor große Herausforderungen gestellt haben. Nicht für wenige bedeuteten sie das Ende. Da stellt sich die Frage, ob man die Schuld an nicht mehr erfüllbarer oder nicht erfüllter Verträge, zumindest aber die wirtschaftlichen Konsequenzen auf jemanden abwälzen könnte. Oder auf – etwas?

Höhere Gewalt wird immer wieder genannt, wenn es objektiv niemanden gibt, den man verantwortlich machen kann, oder wenn man sich selbst entschuldigen, im juristischen Wortsinn also entschulden möchte. Denn nichts anderes ist, was hier im Raum steht: eine Schuld. Jemand schuldet Jemandem eine Leistung oder ein Produkt, dieser schuldet dafür die vertraglich vereinbarte Gegenleistung, meist Geld.

Rechtsgrundlage ist das Schuldrecht des BGB

Das Schuldrecht ist ein Teil des Zivilrechts und im zweiten Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in den §§ 241 bis 853 BGB geregelt. Es beschäftigt sich mit Ansprüchen und Forderungen sowie der Abwehr solcher zwischen einem Gläubiger und einem Schuldner. Der Allgemeine Teil (§§ 241 bis 432 BGB) hat generelle Regelungen zu allen Schuldverhältnissen zum Inhalt. Im Besonderen Teil (§§ 433 bis 853 BGB) werden verschiedene schuldrechtlichen Verträge und Vertragsverhältnisse geklärt. Juristisch korrekt wird mit der Prüfung eines Schuldverhältnisses begonnen, indem man mittels des Allgemeinen Teils Fragen zu den Vertragspartnern und zu der Situation zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beantwortet. Erst wenn feststeht, dass das Rechtsgeschäft grundsätzlich wirksam geschlossen wurde, wird mit Hilfe des Besonderen Teils der konkrete Anspruch beziehungsweise das Vorgehen bei Problemen ermittelt.

Beispielhaft und alltäglich ist der Kauf einer Ware gegen Geld. Soweit die Ware in Ordnung ist, also dem entspricht, was zugesichert wurde, und zum vereinbarten Zeitpunkt an den richtigen Adressaten geliefert oder ausgehändigt wird, sowie der geforderte Betrag fristgerecht in der korrekten Währung bezahlt wird, ist der Kaufvertrag erfüllt. Tritt jedoch eine sogenannte Leistungsstörung auf, gilt es den Vertrag und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder die einschlägigen Gesetze zu Rate zu ziehen. Vom Mängelrecht bis zum Verzug ist hier alles zu finden. Darüber hinaus empfiehlt sich das Studium einschlägiger Gerichtsurteile, denn vor allem im Vertragsrecht wurde zu nahezu jedem möglichen Streitpunkt bereits verhandelt.

Unkalkulierbare Störfaktoren im Vertragsrecht

Leis­tungs­stö­rungen waren vor dem Jahr 2020 vorrangig ein Thema zwischen großen Unternehmen. In der Regel ging es darum, benötigte Teile just in time direkt in die Produktion zu liefern, um Lagerkosten zu sparen. Gelang dies nicht, waren vorher vereinbarte Vertragsstrafen zu entrichten die wiederum häufig versichert wurden. Man wusste als Zulieferer also, was man wann und zu leisten hatte und welche Folgen es hatte, wenn man die Vereinbarungen nicht einhielt oder die Leistung verzögerte. Eigener Lieferverzug, Personalausfälle, Staus und andere Zwischenfälle wurden zeitlich und finanziell einkalkuliert, Unwägbarkeiten gab es in gut geführten Betrieben nur wenige. Im globalen Handel, vor allem mit asiatischen Staaten, musste mit einem gewissen Erdbebenrisiko gerechnet werden, doch auch das war mehr oder weniger eingepreist.

Doch dann brach aus dem chinesischen Wuhan ein Virus über die Welt herein und plötzlich waren alle Größen und Branchen sowie auch Endkunden betroffen. Staat­lich ange­ord­nete Geschäfts- und Betriebs­schlie­ßungen, Rei­se­be­schrän­kungen, Ver­an­stal­tungs­ver­bote, Quarantäneregelungen und Kontaktbeschrän­kungen sorgten weltweit für Stillstand. Wer bezahlt den Schaden? Wer haftet für Gehälter, für Mieten, für jede Form der Vertragserfüllung? Kurzarbeit und Coronahilfen allein konnten die die Verluste nicht auffangen, die die Pandemie verursachte.

Kaum war diese Katastrophe halbwegs im Griff, überfiel Russland die Ukraine und löste damit für viele Unternehmen existenzielle Lieferschwierigkeiten aus. Die Drosselung und teilweisen Stopps der Gaslieferungen aus Russland sorgten bis jetzt zwar nicht akut für Betriebsschließungen, doch die Energiepreise wurden von den Versorgern signifikant erhöht und hatten einen deutlichen Anstieg der Preise in fast jedem Sektor zur Folge. Was aber, wenn Verträge noch nicht erfüllt sind, sich für den Leistungsschuldner aber die Kosten so erhöht haben, dass das Geschäft zwangsläufig zum Verlust führt? Was gilt bei längerfristigen Verträgen und Dauerschuldverhältnissen?


Höhere Gewalt

“(…) ist ein betriebs­fremdes, von außen durch ele­men­tare Natur­kräfte oder durch Hand­lungen dritter Per­sonen her­bei­ge­führtes Ereignis, das nach mensch­li­cher Ein­sicht und Erfah­rung unvor­her­sehbar ist, mit wirt­schaft­lich erträg­li­chen Mitteln auch durch äußerste, nach der Sach­lage ver­nünf­ti­ger­weise zu erwar­tende Sorg­falt nicht ver­hütet oder unschäd­lich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häu­fig­keit vom Betriebs­un­ter­nehmen in Kauf zu nehmen ist”.

Definition des Bundesgerichtshofs

„(…) ist jedes von außen kom­mende, keinen betrieb­li­chen Zusam­men­hang auf­wei­sende, auch durch äußerste ver­nünf­ti­ger­weise zu erwar­tende Sorg­falt nicht abwend­bare Ereignis, das nicht in die Risi­ko­sphäre nur einer Ver­trags­partei fällt.“

Ergänzung des BGH am 16.5.2017, Az.: X ZR 142/15

Keine eindeutige gesetzliche Definition

Oft beruft sich die zur Leistung verpflichtete Ver­trags­partei auf „Höhere Gewalt“, um den Vertrag nachzuverhandeln, fristlos zu kündigen, die Haftung für eine verzögerte Leistung oder Nichterfüllung zu begrenzen oder auszuschließen, oder auch um eine Preiserhöhung durchzusetzen. Doch welche Rechtsgrundlage könnte hierbei helfen? Wo findet man im Gesetz eine Regelung, wo die Definition zur Höheren Gewalt? Und wie geht man als Gläubiger mit dem Versuch eines Geschäftspartners um, gültige Vereinbarungen auszuhebeln mit der Begründung, man habe schließlich keinen Einfluss auf Pandemien und Kriege?

Eine Definition und eine eindeutige Regelung, was im Fall der Höheren Gewalt gilt, gibt es im deutschen Recht nur in Einzelgesetzen, die lediglich Fachleuten ein Begriff sind. Eine der bekanntesten Regelungen findet sich im Reisevertragsrecht, wo beiden Parteien ein besonderes Kündigungsrecht zugesprochen wird, Schadensersatz jedoch ausgeschlossen ist. In der Regel werden die Reisewarnungen des Auswärtigen Amts herangezogen, um Ansprüche zu begründen. Für andere Vertragsverhältnisse muss man sich die Rechtsgrundlagen im BGB und gegebenenfalls im Handelsgesetzbuch (HGB) zusammensuchen, sie interpretieren und in der Regel analog anwenden.

Da sich damit in der Regel Juristen beschäftigen und dies ein meist langwieriger und teurer Prozess ist, ist es von großer Bedeutung, bereits vorab entsprechende Vereinbarungen im Vertragswerk oder in den AGB aufzunehmen. Solange sich individuell geschlossene Verträge innerhalb des Erlaubten bewegen, ist nahezu jede denkbare Vereinbarung zwischen den Parteien denkbar. So kann beispielsweise die Haftung für Lieferverzug von vornherein grundsätzlich ausgeschlossen werden; eine Haftungsfreistellung ist somit rein vertraglich bereits festgeschrieben und unanfechtbar.

Hinweis: Bei der Ausgestaltung der AGB ist Fairness geboten, denn nur wenn die AGB wirksamer Vertragsbestandteil geworden sind, haben sie gemäß § 305b BGB Vorrang gegenüber den gesetzlichen Vorschriften. Sind AGB-Klauseln ganz oder in Teilen unwirksam oder nicht zulässig, etwa weil sie eine Partei unangemessen benachteiligen, gilt an ihrer Stelle die entsprechende gesetzliche Regelung.

Die im deutschen Recht verankerte Vertragsfreiheit bedeutet in der juristischen Praxis, dass erst der Vertrag und die AGB auf Inhalt und Rechtswirksamkeit zu prüfen sind, bevor nach einem gesetzlichen Schlupfloch gesucht werden kann. In nur wenigen Verträgen und AGB, in denen es um Lieferung von materiellen Rechtsgütern dürfte der Passus fehlen, der eine Haftung bei Höherer Gewalt ausschließt.


§ 313 BGB

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

§ 314 BGB

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.
(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.
(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.


Die “Hilfsparagrafen” 313, 314 und 275 BGB

Der erste Blick, wenn man im Fall von angenommener oder objektiv vorliegender Höherer Gewalt nach Auswegen sucht, fällt auf die §§ 313 und 314 BGB, die die Störung der Geschäftsgrundlage beziehungsweise die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund ansprechen. Jedoch sind diese Paragrafen so allgemein gehalten, dass eine generell anwendbare Anweisung nicht herauszulesen ist. Es gilt, wie so oft im Wirtschaftsrecht, die Prüfung des Einzelfalls, welche in der Regel einem Gericht oder einer Schlichtungsstelle obliegt. Der Blick in die Rechtssprechung höherer Instanzen kann hier bereits erste Klarheit schaffen und sollte stets an erster Stelle stehen, bevor man einen Konflikt herbeiführt.

Die §§ 313 und 314 BGB als eine Art Erste Hilfe-Paragrafen heranzuziehen, wäre also fatal, denn während man unter Umständen zeitaufwändig unergiebige und unzulässige Rechtsmittel prüft und sich argumentativ darauf stützt, laufen Termine und Fristen ab und summieren sich Kosten. Erst dann, wenn nicht geregelt ist, wie im Fall einer Leistungsstörung vorzugehen ist oder wenn Klauseln unwirksam sind, können die §§ 313 und 314 BGB zum Zug kommen. Das aber auch erst dann, wenn alle anderen vertragsrechtlichen Möglichkeiten ausscheiden.

Will sich ein Ver­trags­partner mittels der Einrede der Höheren Gewalt aus der Leistungsverpflichtung befreien, muss er die Gegenseite nicht nur umgehend über die zu erwartenden Probleme informieren, sondern hat zudem zu beweisen, dass das Ereignis, das zum Verzug oder zur Nichtleistung geführt hat, unvor­her­sehbar und unab­wendbar sowie nicht im betrieblichen Kontext zu finden war. Daraus wird auch deutlich, dass ein betrieblicher Streik keine Höhere Gewalt darstellt. Statt sich auf Unmöglichkeit zu berufen, hat ein beispielsweise bestreiktes Unternehmen alles Zumutbare zu versuchen, um eine Leistung oder Lieferung zu erfüllen, sei es durch Leiharbeitnehmer oder durch alternative Transportmöglichkeiten. Anders dürfte ein landesweiter Generalstreik zu bewerten sein.


Beispiele für Höhere Gewalt

  • Kriege, Bür­ger­kriege, Revo­lu­tionen und Aufruhr
  • Seuchen, Pan­de­mien und Epi­de­mien
  • Natur­ka­ta­stro­phen wie Erd­beben, Vulkanausbrüche, Über­schwem­mungen, Hur­ri­kans und Großbrände. (Natur­er­eig­nisse wie Stürme, Starkregen und Hagel gehören nicht zu den Naturkatastrophen.)

Auch §275 BGB gehört zu den Paragrafen, die zwar häufig genannt werden, wenn es um die sogenannte Unmöglichkeit geht, jedoch ist auch dieser “Leistungsstörungsparagraf” sehr pauschal gefasst und kann nur im Einzelfall hilfsweise herangezogen werden. Als Schlupfloch taugt er allein deshalb nicht, weil er auf die Rechtsfolgen verweist, wenn eine Leistung aufgrund von Unmöglichkeit verweigert wird. Eine davon ist die Schadensersatzpflicht. Neben dieser ist der Schuldner verpflichtet, alles ihm mögliche zu unternehmen, um seiner Leistungspflicht doch noch nachzukommen, etwa durch eine Ersatzlieferung. Hier gilt der Grundsatz: Koste es, was es wolle.


§ 275 BGB

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.
(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.
(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.
(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.


Ein unternehmerisches Risiko besteht immer

Auch dann, wenn alle vertraglichen Aspekte geklärt und für nicht angreifbar beurteilt wurden, helfen die genannten “Notparagrafen” von Höherer Gewalt Betroffenen nicht zwangsläufig weiter. Ein quasi automatischer Anpassungsanspruch beziehungsweise ein (Änderungs-) Kündigungsrecht ist daraus nämlich nicht abzuleiten. Vielmehr ist eine Risikobewertung und -abwägung anzustellen. Grundsätzlich haben die Vertragsparteien ein gewisses Wagnis einzugehen, wenn sie Verträge schließen. Das wird bei längerfristigen Liefer- und Leistungsvereinbarungen deutlich höher sein als bei ad hoc-Geschäften. Im Zweifel sind Versicherungen abzuschließen, die Schäden an eigenen oder fremdem Eigentum, aber auch eine Betriebsunterbrechung abdecken.

Zur Erinnerung: Höhere Gewalt ist ein Ereignis, das selbst mit größtmöglicher Sorgfalt nicht vorherzusehen und zu beeinflussen ist. Sich von einem einzigen Gaslieferanten abhängig zu machen, ist ein bewusst gewähltes Risiko, ein Erdbeben hingegen können selbst Wissenschaftler nicht vorhersagen.   

Beispielsweise kann die Bestellung einer Maschine oder eines Fahrzeugs mit Lieferung in mehreren Monaten oder sogar Jahren für den Lieferanten zum Minusgeschäft werden, wenn zwischenzeitlich die Energiepreise signifikant steigen, weil Russland die Gaslieferungen einstellt. Ein Grund, daraus Höhere Gewalt zu konstruieren, besteht nicht. Anders wäre es zu werten, wenn das Fahrzeug oder die Maschine während des Verladens auf ein Frachtschiff durch ein Erdbeben oder ein objektiv so zu wertendes Kriegsereignis zerstört wird. (Anmerkung: Ein Attentat ist kein Kriegsereignis.)


Rechts­folgen bei erfolgreicher Berufung auf Höhere Gewalt

  • Ver­tragsauflösung bei Vorliegen der Bedingungen
  • Fristverlängerung zur Erfüllung des Vertrages
  • Neu- und Nachverhandlung einzelner Aspekte
  • Vorübergehende Aus­set­zung ein­zelner Pflichten
  • Schadensersatz statt Leistung, falls vereinbart

Force Majeure und Acts of God

Während sich in Deutschland der Gesetzgeber zum Thema Höhere Gewalt also noch sehr zurückhaltend verhält, ist es international rechtlich gut abgesichert. So findet sich im Fran­zö­si­schen Zivil­ge­setz­buch  nicht nur eine Definition, sondern auch eine Regelung, welche Rechtsfolgen sich ergeben. Auch im US-ame­ri­ka­ni­schen Recht stellen Leistungsver­zö­ge­rungen oder -aus­fälle keinen Ver­trags­ver­stoß dar, wenn die zugrun­de­lie­gende Ursache ein Ereignis ist, das gesetzlich definierter Höherer Gewalt entspricht. Im globalen Warenverkehr unterwerfen sich die Geschäftspartner fast ausnahmslos den Con­ven­tion on Con­tracts (CISG) und den Incoterms-Regeln die vom Inter­na­tional Chamber of Com­merce (ICC) entwickelt wurden.

Fazit: Die Berufung auf Höhere Gewalt wird in den meisten Fällen scheitern. Infrage kommt sie ausschließlich nach den vom Bundesgerichtshof genannten Ereignissen und auch nur dann, wenn ein solches Ereignis in unmittelbarem Zusammenhang mit der Produktion, der Lieferung oder der Annahme eines materiellen Gutes steht oder eine Leistung nicht oder nicht vollständig erbracht werden kann, weil ein Ereignis aktuell die Leistung oder deren Abnahme verhindert.