Vergaberecht in Zeiten von Corona

Der Grundsatz des Wettbewerbsrecht gebietet, allen Bewerbern um öffentliche Aufträge so große Chancen wie möglich einzuräumen – auch bei zeitkritischen Vergaben (§ 97 Abs. 1 Satz 1 GWB). Das bedeutet, dass eine direkte Beauftragung eines Unternehmens auch dann nicht rechtens ist, wenn es um eine rasche Lieferung oder Leistung ankommt. Es muss stets Raum für die Einholung alternativer Angebote bleiben; dem Auftraggeber bleibt hier wenig Spielraum für Ermessensentscheidungen. Das war die bisherige Rechtsprechung und bei dieser bleibt es auch in Zeiten von Corona. 

Direkte Vergabe nur in Ausnahmefällen

Zwar ging es beim Streit vor dem OLG Rostock um anlasslose Coronatests in Alten- und Pflegeheimen, doch ist das Urteil auch auf andere Lieferungen und Leistungen durch die öffentliche Hand übertragbar. Der Auftraggeber hatte sich zur Rechtfertigung seiner Direktvergabe auf § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV berufen. Demnach sei es gestattet, Teilnahmewettbewerbe in äußerst dringlichen und zwingenden Gründen zu umgehen. Dieser Ausnahmefall sei bei Coronatests gegeben gewesen. Diese Einschätzung teilte das Gericht wie es auch schon die Vergabekammer getan hatte. Entscheidend aber war nicht, ob die Zeitspanne zwischen Planung und Start der Testungen für eine unter Umständen auch verkürzte Ausschreibung oder die parallele Aufforderung mehrerer Unternehmen zur Angebotsabgabe ausreichend lang gewesen wäre, sondern dass des sich bei der direkten Vergabe um einen Ermessensfehler gehandelt hatte. 

Der Kläger gewinnt – und hat nichts davon

Dieser bestand darin, nur ein einziges Angebot eingeholt wurde, obwohl bekannt war, dass bekanntermaßen ein Konkurrenzunternehmen zur Verfügung gestanden hätte (was dieses zwei Monate vor Vergabe per Mail mitgeteilt hatte). Damit hätten also auch im ultima ratio-Fall mindestens zwei Angebote eingeholt werden können und müssen. Personalmangel beim Auftraggeber ließ das Gericht als Grund für dieses Unterlassen nicht zu und stellte die Unwirksamkeit des Vertrags gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB fest. Dem Kläger nützt der Urteilsspruch übrigens nichts, da es sich um ein Fixgeschäft gehandelt hatte, das zudem bereits vor Klageerhebung vollständig abgewickelt worden war. Es ging also um reine Rechtsfindung und um die Schaffung eines Präzedenzurteils.