Minijobber und Urlaubsanspruch: Was Arbeitgeber wissen müssen

Gerade während der Urlaubsaison werden Minijobber für viele Unternehmen besonders wertvoll. Wenn Stammmitarbeiter ihre wohlverdienten Urlaubstage nehmen, springen geringfügig Beschäftigte oft flexibel ein und halten den Betrieb am Laufen. Doch auch diese unverzichtbaren Helfer haben ein Recht auf bezahlten Erholungsurlaub – und das mit denselben rechtlichen Grundlagen wie Vollzeitbeschäftigte.

Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts München zeigt drastisch, welche Konsequenzen Arbeitgeber erwarten können, wenn sie die Urlaubsrechte ihrer Minijobber missachten: Ein Gastronomiebetrieb musste einem Jurastudenten rund sechs Monate bezahlten Urlaub gewähren, nur weil der Arbeitgeber ihn nie über seine Urlaubsansprüche informiert hatte. Die nächste Urlaubssaison steht vor der Tür, höchste Zeit also, die eigenen Regelungen zu überprüfen.

Minijob bedeutet nicht weniger Rechte

Minijobs sind eine Sonderform des Teilzeitarbeitsverhältnisses – das stellt § 2 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) unmissverständlich klar. Daraus folgt: Geringfügig Beschäftigte haben arbeitsrechtlich überwiegend dieselben Rechte und Pflichten wie andere Arbeitnehmer. Der Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gilt daher uneingeschränkt auch für Minijobber.

Diese Gleichstellung ist nicht nur eine rechtliche Theorie. Das LAG München entschied im April 2025 in einem spektakulären Fall, dass ein als Minijobber angestellter Kellner Anspruch auf 72 Urlaubstage hatte – umgerechnet 29 Wochen bezahlten Urlaub. Der Grund: Der Arbeitgeber hatte seinen Mitarbeiter über Jahre hinweg nie darauf hingewiesen, dass er Urlaub nehmen könne. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs führt eine solche Untätigkeit dazu, dass Urlaubsansprüche weder verfallen noch verjähren können.

Arbeitstage, nicht Arbeitsstunden

Der Schlüssel zur korrekten Berechnung liegt in der Anzahl der Arbeitstage pro Woche, nicht in der Arbeitszeit. Das Bundesurlaubsgesetz geht von einer 6-Tage-Woche mit 24 Urlaubstagen aus. Die Formel für Minijobber lautet daher:

Arbeitstage pro Woche ÷ 6 × 24 Urlaubstage = Urlaubsanspruch

Praktische Beispiele:

  • 2-Tage-Woche: 2 ÷ 6 × 24 = 8 Urlaubstage
  • 3-Tage-Woche: 3 ÷ 6 × 24 = 12 Urlaubstage
  • 5-Tage-Woche: 5 ÷ 6 × 24 = 20 Urlaubstage

Wichtig: Bei unregelmäßigen Arbeitszeiten wird die Anzahl der Arbeitstage pro Jahr zugrunde gelegt. Arbeitet der Betrieb normalerweise 5 Tage pro Woche (260 Arbeitstage pro Jahr), rechnet man: Gesetzliche Urlaubstage × individuelle Arbeitstage pro Jahr ÷ 260.

Erhalten Vollzeitbeschäftigte mehr als den gesetzlichen Mindesturlaub, muss dieser anteilig auch für Minijobber gelten. Beispiel: Haben alle Vollzeitkräfte 30 Urlaubstage bei einer 5-Tage-Woche, steht einem Minijobber mit 3 Arbeitstagen ebenfalls anteilig mehr Urlaub zu: 3 ÷ 5 × 30 = 18 Urlaubstage.

Nachweisgesetz: Dokumentation ist Pflicht

Seit August 2022 verschärft das Nachweisgesetz die Anforderungen erheblich. Arbeitgeber müssen alle wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich dokumentieren und aushändigen – auch für Minijobber. Zu den Pflichtangaben gehört explizit die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs.

Verstöße gegen das Nachweisgesetz sind seit 2022 als Ordnungswidrigkeit eingestuft und können mit Bußgeldern bis zu 2.000 Euro geahndet werden. Das Bußgeld droht bereits dann, wenn Vertragsbedingungen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht fristgerecht schriftlich ausgehändigt werden.

Mindestlohn und Verdienstgrenzen 2025

Seit Januar 2025 gelten neue Rahmenbedingungen:

  • Mindestlohn: 12,82 Euro pro Stunde
  • Verdienstgrenze: 556 Euro monatlich
  • Maximale Arbeitszeit: ca. 43 Stunden pro Monat
  • Jahresverdienstgrenze: 6.672 Euro

Diese Änderungen beeinflussen die Personalplanung, ändern aber nichts am grundsätzlichen Urlaubsanspruch der Minijobber.

Soziale Gesichtspunkte beachten

Überschneiden sich Urlaubswünsche verschiedener Mitarbeiter, können Arbeitgeber Urlaubsanträge ablehnen, wenn andere Beschäftigte unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen. Dabei gibt es jedoch keinen generellen Vorrang für Mitarbeiter mit Kindern – immer muss im Einzelfall abgewogen werden.

Praxistipp: Eine Betriebsvereinbarung, die Grundsätze zur Urlaubsgewährung regelt, schafft Transparenz und rechtliche Sicherheit.

Aktive Information ist entscheidend

Das LAG München-Urteil macht eine zentrale Pflicht deutlich: Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter aktiv über deren Urlaubsansprüche informieren. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs müssen Arbeitgeber klar und rechtzeitig dazu auffordern, Urlaub zu nehmen, und darauf hinweisen, wann Urlaub verfällt.

Unterlassen Arbeitgeber diese Mitwirkung, können Urlaubsansprüche unbegrenzt anwachsen – Verfallfristen und Verjährung greifen dann nicht. Im Münchener Fall führte diese Versäumnis zu einem Urlaubsstau von 72 Tagen über mehrere Jahre.


Checkliste für Arbeitgeber

Sofortige Maßnahmen:

  1. Arbeitsverträge prüfen: Ist der Urlaubsanspruch korrekt berechnet und schriftlich festgehalten?
  2. Nachweisgesetz-Compliance: Sind alle Pflichtangaben vollständig dokumentiert?
  3. Mitarbeiterinformation: Wurden alle Minijobber über ihre Urlaubsansprüche informiert?
  4. Urlaubsplanung: Bestehen klare Regelungen zur Koordination von Urlaubswünschen?

Zur Urlaubszeit:

  1. Dokumentation: Führen Sie Nachweis über erteilte Urlaubshinweise
  2. Frühzeitige Planung: Informieren Sie über Antragsfristen und Verfallregelungen
  3. Gleichbehandlung: Prüfen Sie, ob betrieblicher Mehrurlaub anteilig gewährt wird
Recht kurzweilig
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