Corona: Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat?

Arbeitgeber müssen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates beim Arbeitsschutz, bei der Erstellung von Dienstplänen und bei der Kurzarbeit beachten. Einige Arbeitsgerichte gestehen Arbeitnehmervertretungen wegen des hohen Covid-19-Ansteckungsrisikos sogar weitreichende Mitbestimmung bei der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen und Schutzmaßnahmen zu (etwa das AG Neumünster, Az.: 4 BVGa 3a/20). Doch wie viel Einfluss hat der Betriebsrat wirklich, um Mitarbeiter vor einer Infektion zu schützen? Darf er etwa eine Betriebsschließung verlangen?

Von „Kurzarbeit Null“ auf 80 Prozent

Der Fall: Ein Arbeitgeber wollte von coronabedingter „Kurzarbeit Null“, zu der es eine Betriebsvereinbarung gab, zu einer Neuöffnung mit Arbeitsumfängen zwischen 20 und 80 Prozent zurückkehren. Er erstellte Arbeitszeit- und Einsatzpläne ohne den Betriebsrat einzubeziehen. Der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 16. April 2020 war zu dieser Zeit noch nicht umgesetzt. Der Betriebsrat beantragte eine einstweilige Verfügung, um dem Unternehmen die Beschäftigung seiner Arbeitnehmer zu untersagen. Begründet hatte er seinen Antrag damit, dass die alte Betriebsvereinbarung noch gelte und eine neue mit Gefährdungsbeurteilung nach neuem Arbeitsschutzstandard erst zu schließen sei, bevor der Betrieb seine Tätigkeit wieder aufnehmen könne.

Das Arbeitsgericht Hamm gab dem Betriebsrat recht – allerdings nur in einem Aspekt. Die Betriebsvereinbarung besitze noch Rechtswirksamkeit, wonach der Arbeitgeber seine Mitarbeiter nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des Betriebsrats aus der Kurzarbeit abberufen könne. Jedoch habe der Betriebsrat keinen Anspruch auf die Schließung des Betriebs bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung zur Gefährdungsbeurteilung nach dem SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard.

Mitbestimmung endet bei der Betriebsschließung

Bei dem Erlass des BMAS, so die Urteilsbegründung, handle es sich nicht um eine Maßnahme des Gesundheitsschutzes im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, bei der der Betriebsrat Mitbestimmungsrechte habe. Zudem sehe der Erlass die Rechtsfolge einer Betriebsschließung bis zu einer Regelung zwischen den Betriebsparteien nicht vor. Auch darüber hinaus habe der Betriebsrat keinen Anspruch auf eine Betriebsschließung. Der Arbeitgeber dürfe zwar aufgrund der Betriebsvereinbarung die Mitarbeiter im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG nicht ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats beschäftigen, er sei jedoch nicht daran gehindert, Dritte zu engagieren, die nicht seinem Direktionsrecht unterworfen seien und nicht vom Betriebsrat vertreten werden. Zu denken ist dabei insbesondere an Leiharbeitskräfte (AG Hamm, Az.: 2 BVGa 2/20).