Nicht selten sehen sich Führungskräfte und Arbeitgeber versteckten bis offenen Drohung mit Krankmeldung ausgesetzt, wenn er Mitarbeiter unzufrieden mit einem Zustand oder einer Entscheidung sind. So auch im Fall einer seit zehn Jahren im Betrieb Beschäftigten. Die alleinerziehende Mutter bat im Juni 2020 ihre Vorgesetzte, sie für eine von ihr benannte Woche in die Frühschicht einzuteilen, um ihr Kind rechtzeitig vom Kindergarten abholen zu können. Als sie trotzdem für die Spätschicht eingeteilt wurde, erklärte sie per Whatsapp, in der betreffenden Woche nicht arbeiten zu können, sondern sich krank zu melden.
Der Arbeitgeber kündigte unter Hinweis auf die Drohung mit Krankmeldung fristlos und begründete, dass das Vertrauensverhältnis nunmehr massiv gestört sei. Zuvor hatte die Mitarbeiterin allerdings bereits selbst ordentlich gekündigt, da es immer wieder schwere Konflikte unter Kollegen gab, die die Vorgesetzte nicht regelte. Gegen die außerordentliche Kündigung ging die Mitarbeiterin per Kündigungsschutzklage vor. Das LAG hatte letztlich nur noch über die Zeit bis zum Wirksamwerden der Eigenkündigung zu entscheiden.
Überraschendes Urteil
Selbstverständlich stelle die Drohung mit Krankschreibung, weil der Arbeitgeber auf ein Anliegen nicht entsprechend reagiere, eine erhebliche Pflichtverletzung dar, schrieben die Richter ins Urteil. Unabhängig davon, ob später eine Krankmeldung erfolge, werde bereits die Androhung regelmäßig von Gerichten als wichtiger Kündigungsgrund ohne vorherige Abmahnung anerkannt. Dennoch müsse stets geprüft werden, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung zumutbar sei.
Im verhandelten Fall fiel die Interessensabwägung aufgrund der speziellen Umstände zugunsten der Arbeitnehmerin aus und bestätigte das Urteil der Vorinstanz, des Arbeitsgerichts Schwerin. Da das Arbeitsverhältnis nur noch rund einen Monat bestand und eine Wiederholung des beanstandeten Verhaltens unwahrscheinlich sei, wäre das arbeitgeberseitige Interesse an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses als nicht größer einzuschätzen als das Interesse der Arbeitnehmerin an einer Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Datum ihrer Kündigung. Zudem müsse sich der Arbeitgeber zurechnen lassen, die Probleme unter der Belegschaft nicht gelöst zu haben und damit für eine Kündigung der Mitarbeiterin zumindest mitverantwortlich zu sein (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Az.: 5 Sa 319/20).