Kaffeetrinker sind versichert, Schläger nicht

Kaum ein Bereich der Versicherungsrechtsprechung ist so spannend wie die der gesetzlichen Unfallversicherung. Über welchen Hergang, über welche Ursache wird wohl als nächstes diskutiert? Diesmal lauteten die Fragen, ob die Versorgung mit Kaffee zu notwendigen Verrichtungen und damit zur betrieblichen Tätigkeit gehört und ob eine Schlägerei auf dem Arbeitsweg private oder berufliche Gründe hat.

Die Intention entscheidet

Sich während der Arbeits­zeit einen Kaffee an einem Kaf­fee­au­to­maten zu holen, könnte man als privat veranlasst und damit nicht durch die Berufsgenossenschaft versichert werten. Das Verlassen des Arbeitsplatzes und das betreten der Kanine oder des Sozialraums würde demnach eine Pause bedeuten, die nicht im Interesse des Arbeitgebers liegt. So argumentierte die BG und lehnte Leistungen für eine Arbeitnehmerin ab, die auf frisch geputztem Boden ausgerutscht war und sich den 3. Lendenwirbel gebrochen hatte.

Das Verwaltungsgericht hatte sich dieser Auffassung noch angeschlossen, während das Hes­si­sche Landessozialgericht die Unfallversicherung zur Leistung verurteilte. Erfor­der­lich für die Anerkennung als Arbeitsunfall sei, so begründete das Gericht sein Urteil, dass die Ver­rich­tung des Ver­si­cherten zum Zeit­punkt des Unfalls den Tat­be­stand einer betrieb­li­chen Tätig­keit erfülle. Es müsse also ein innerer sach­li­cher Zusam­men­hang zwi­schen dem Unfall­er­eignis und der ver­si­cherten Tätig­keit bestehen.

Pause oder kurze Besorgung?

Dieser innere Zusam­men­hang sei konkret und individuell zu ermit­teln; es komme auf “die der Ver­rich­tung inne­woh­nenden Hand­lungs­ten­denz” an. Versichert sei nicht die Nah­rungs­auf­nahme des Ver­si­cherten, sondern der Weg, der zur Beschaffung zurück­ge­legt werden müsse. Unerheblich sei, ob es sich bei diesem Weg um einen innerhalb oder außerhalb des Betriebs handle. Hole sich der Beschäftigte Nahrungsmittel – im verhandelten Fall Kaffee – mit der Intention, diese am Arbeitsplatz während der Arbeit zu verzehren, stünde klar die betriebliche Tätigkeit im Vordergrund und nicht eine private Pause (wie sie beispielsweise beim Rauchen regelmäßig angenommen wird). Eine Prüfung, ob der Kaffee notwendig war, um die Arbeitskraft aufrechtzuerhalten, könne entfallen, ergänzte das LSG (Az.: L 3 U 202/21; Revision wurde zugelassen)

Prügelei gehört nicht zum Job

Ob Opfer oder Täter, ob verletzt oder anderweitig geschädigt, jede Form der Auseinandersetzung auf dem Arbeitsweg oder während der Tätigkeit ist dem privaten Bereich zuzurechnen. Diese Belehrung musste sich ein Baustellenleiter vom Sozialgericht Berlin anhören. Zwar war er von einem betriebsfremden LKW-Fahrer daran gehindert worden, das Betriebsgelände seines Arbeitgebers mit seinem Auto zu befahren, doch hätte er vermeiden müssen, dass aus dem Streit eine Schlägerei wird. Die Mittelgesichtsfraktur, die er sich nach dem Faustschlag des LKW-Fahrers zugezogen hatte, zieht gemäß diesem Urteil und anderer vergleichbarer zuvor keinen Anspruch aus Leistungen aus der Berufsgenossenschaft nach sich.

Bereits die Diskussion, die der Arbeitnehmer mit dem LKW-Fahrer begann, gehörte zu seinem rein privaten Anliegen, verdeutlichte die Kammer das Fehlen eines sachlichen Zusammenhangs zwischen der Verletzung und der versicherten Tätigkeit. Darüber hinaus, betonte sie, sei keine Form der Zurechtweisung anderer Verkehrsteilnehmer als betrieblich veranlasst zu werten, unabhängig vom vorangegangenen Geschehen und dem, was sich daraus letztlich entwickle (SG Berlin, Az.: S 98 U 50/21).