RECHTSLEXIKON: Das Personalgespräch

In vielen Unternehmen beginnt das neue Jahr mit Gesprächen. Die Belegschaft soll über das Vergangene informiert und auf neue Ziele eingeschworen, die Zusammenarbeit gelobt oder verbessert, fachliche oder auch persönliche Kritik angebracht werden. Nicht zuletzt geht es um Geld. Für Mitarbeiter und nicht selten auch für Führungskräfte eine Handvoll Gründe also, Personalgesprächen gegenüber skeptisch eingestellt zu sein oder sie gar zu fürchten. Das geht so weit, dass ein Austausch über Erwartungen und Leistungen erst gar nicht stattfindet oder sich Arbeitnehmer fragen, ob sie Mitarbeitergespräche verweigern können, was sie beitragen dürfen oder müssen und ob es möglich ist, eine Begleitperson hinzuzuziehen.

Der Anlass schafft den Rahmen

Jahresgespräche, wie sie in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen vorgesehen sind, dienen der Leistungsbeurteilung und stellen die Basis für kurz- und mittelfristige Zielvereinbarungen und längerfristige Perspektiven dar. Daraus wiederum ergeben sich in der Regel finanzielle Konsequenzen wie Boni, Gehaltserhöhungen, Zulagen und Zuwendungen sowie für beide Parteien steuerlich interessante Geldwerte Vorteile. Aber auch berufliche und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten durch Beförderungen, Fortbildungen oder Verantwortungszuwachs werden in diesem Rahmen besprochen und dokumentiert.

Zwischengespräche finden vor allem in größeren Betrieben im Halbjahresturnus statt; hierbei werden die Jahresziele kontrolliert und gegebenenfalls angepasst, Feedbacks durch Vorgesetzte erteilt und Rückmeldungen durch Arbeitnehmer entgegengenommen. Ziel ist, dass das nächste Jahresgespräch nicht zur Überraschung wird, sondern sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber im Klaren sind, was sie voneinander denken. Häufigere Treffen dienen auf Abteilungs- oder Teamebene der Überprüfung von Erfüllungsgraden und der Qualität von übertragenen Aufgaben. Sie werden seltener ausführlich dokumentiert. Grundsätzlich können auch Mitarbeiter Gespräche verlangen, um sich zu informieren, wie ihre Leistung und ihr Verhalten eingeschätzt wird.

Kritikgespräche finden für gewöhnlich außerhalb geplanter Jahresgespräche statt und werden relativ spontan einberufen. Meist handelt es sich um das Klären von Minder- oder Falschleistungen, um entschuldigte und unentschuldigte Fehlzeiten, um verhaltensbedingte Kritik oder auch um das Androhen oder Aussprechen disziplinarischer Maßnahmen. Dass positive, in offiziellem Rahmen ausgesprochene Kritik unterjährig fast immer unterbleibt, ist ein Grund dafür, dass Kritikgespräche als Konflikte bewertet werden und ihr Ruf entsprechend schlecht ist.

Weisungsrecht und Teilnahmepflicht

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers gibt diesem das Recht, innerhalb gewisser Regelungen und Grenzen über Ort, Zeit und Inhalt sowie Art der Durchführung der Tätigkeit zu entscheiden, aber auch Einfluss auf das Verhalten seiner Mitarbeiter im Betrieb zu nehmen. Dazu gehört auch, diese mittels Feedbackgesprächen darüber zu informieren, wie ihre Arbeitsleistung und ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden eingeschätzt wird. Arbeitnehmer haben wiederum ihre Hauptpflicht zu erfüllen – die vereinbarte Tätigkeit als solche -, sowie verschiedene Nebenpflichten, wozu auch gehört, an Gesprächen teilzunehmen und zur Kenntnis zu nehmen, was dabei vorgetragen wird. Eine Möglichkeit, Personalgespräche zu verhindern oder die Teilnahme zu verweigern, haben Arbeitnehmer damit nicht. Mehr noch, ein Boykott kann sogar zur Abmahnung und letztlich zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Eine Ausnahme von dieser Regel besteht dann, wenn das geplante Gespräch einen weitreichenderen Anlass hat als eine Kritik an der Leistung und dem Verhalten des Mitarbeiters oder mehr ist als eine turnusgemäße Beurteilung und Potenzialeinschätzung. Das ist dann der Fall, wenn eine Änderung des Arbeitsvertrags oder eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses anstehen. Hier ist nicht mehr von einem allgemeinen Weisungsrecht auszugehen und die Teilnahme kann verweigert, verschoben, unterbrochen oder die Hinzuziehung einer dritten Person, etwa des Betriebsrats, gefordert werden. Soll ein Anwalt hinzugezogen werden, muss der Arbeitgeber zustimmen, außer er selbst lässt sich ebenfalls von einem Juristen unterstützen.

Personalgespräche während einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers sind nicht verpflichtend. So steht dem Arbeitgeber grundsätzlich kein Weisungsrecht im Hinblick auf die vertragliche Hauptpflicht zu, wenn der Arbeitnehmer krankheitsbedingt von der Arbeitspflicht befreit ist. Die Nebenpflichten bestehen zwar auch weiterhin, es ist jedoch Rücksicht auf die gesundheitliche Situation des Erkrankten zu nehmen. Handelt es sich um ein für betriebliche Abläufe wichtiges, unaufschiebbares Gespräch, darf der Arbeitgeber einen kurzen Termin anordnen, in dem allerdings nur über unternehmensrelevante Themen gesprochen werden darf.