Rechtslexikon: Die Verwirkung

Vertrauensschutz zugunsten eines Schuldners kann im Einzelfall stärker wiegen als die juristisch korrekte Rechtsausübung des Gläubigers. Die Verwirkung beruft sich auf § 242 BGB und „bestraft“ einen über einen längeren Zeitraum untätig gebliebenen Rechtsinhaber. Irgendwann, so der Hintergrund, sollte der schuldenden Partei die Sicherheit zugestanden werden, dass sie mit der Durchsetzung eines Anspruchs nicht mehr rechnen muss. Beispielsweise kann dies eine Nachforderung oder Rückabwicklung aus einer Mängelrüge sein, eine nicht eingelöste oder verrechnete Gutschrift aus einem Kauf- oder Dienstleistungsvertrag oder auch eine dem Gläubiger zustehende oder zugestandene, jedoch nicht eingeforderte Leistung. 

Verwirkung vs. Verjährung

Die Verwirkung ist nicht gleichzusetzen mit der Verjährung, die gesetzlichen Fristen folgt und gehemmt oder unterbrochen und damit verlängert werden kann. Zudem muss sich ein in Anspruch Genommenen ausdrücklich auf die Verjährung berufen; hierbei spricht man von einer Einrede. Die Verwirkung hingegen unterliegt keinen konkreten Zeiten. Zudem muss sie von Amts wegen berücksichtigt werden und muss nicht extra erwähnt werden (BGH, Az.: Ib ZR 101/63, NJW 1966 S. 343, 345).

Ein weiterer Aspekt unterscheidet die Verwirkung von der Verjährung: Bei der Verwirkung genügt niemals der bloße Zeitablauf allein, es müssen zusätzlich besondere Umstände vorliegen. Diese müssen objektiv erkennen lassen, warum die Inanspruchnahme des Schuldners so lang ausgeblieben war. Umgangssprachlich spricht man von Fairness im Geschäftsverkehr, das Gesetz bezeichnet ein „Hängenlassen“ als Verstoß gegen Treu und Glauben. Die Verwirkung setzt also ein Umstandsmoment  und ein Zeitmoment voraus (BGH, Az.: VII ZR 23/02).