RECHTSLEXIKON: Prima-facie-Beweis

Ein Prima-facie-Beweis (lateinisch: „auf den ersten Blick“) ist ein Beweis, der ausreicht, um eine bestimmte Tatsache oder einen Sachverhalt vorläufig als wahr anzunehmen, solange keine gegenteiligen Beweise vorgelegt werden. In der juristischen Praxis bedeutet dies, dass der Beweis eine Vermutung begründet, die erst durch Gegenbeweise oder Widerlegung entkräftet werden muss.

Eigenschaften eines Prima-facie-Beweises

  1. Vorläufige Annahme: Der Prima-facie-Beweis genügt, um eine Tatsache vorläufig anzunehmen. Es bedarf keiner weiteren Beweise, um die Annahme zu stützen, solange keine Gegenbeweise vorgelegt werden.
  2. Widerlegbarkeit: Die durch den Prima-facie-Beweis begründete Vermutung kann durch Gegenbeweise oder substantielle Einwände entkräftet werden. Der Beweis verpflichtet die Gegenpartei, das Gegenteil zu beweisen.
  3. Anscheinsbeweis: Ein Prima-facie-Beweis wird oft als Anscheinsbeweis bezeichnet, wenn der Beweis für einen typischen Verlauf eines Sachverhalts steht und auf der Lebenserfahrung beruht. Er führt zu einer Umkehr der Beweislast, wobei die Gegenseite die Unrichtigkeit des vermuteten Sachverhalts beweisen muss.

Anwendungsbeispiele

  1. Verkehrsunfälle: Wenn ein Auto von hinten auf ein anderes auffährt, wird prima facie angenommen, dass der Fahrer des hinteren Autos den Unfall verursacht hat, weil er nicht den nötigen Sicherheitsabstand eingehalten hat.
  2. Arbeitsrecht: Wenn ein Arbeitnehmer kündigt und behauptet, wegen Diskriminierung gekündigt zu haben, kann der Arbeitnehmer einen Prima-facie-Beweis vorlegen, der die Vermutung begründet, dass die Kündigung diskriminierungsbedingt war. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass die Kündigung auf anderen Gründen beruhte.
  3. Produkthaftung: Wenn ein Verbraucher verletzt wird und das Produkt einen offensichtlichen Mangel aufweist, kann der Verbraucher einen Prima-facie-Beweis dafür erbringen, dass der Mangel die Ursache der Verletzung war. Der Hersteller muss dann nachweisen, dass der Mangel nicht ursächlich war oder dass der Schaden aus anderen Gründen entstanden ist.

Bedeutung in der Rechtsprechung

In der Rechtsprechung ist ein Prima-facie-Beweis ein wichtiges Instrument, um die Beweislast zu verteilen und die Gerechtigkeit zu fördern. Er entlastet die Partei, die eine Tatsache behauptet, von der Notwendigkeit, umfassende Beweise zu erbringen, und verlagert die Last der Widerlegung auf die Gegenseite.