Die gesetzliche Regelung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist für Arbeitgeber von zentraler Bedeutung und birgt zahlreiche Fallstricke – insbesondere, wenn aufeinanderfolgende Krankheiten auftreten. Wir geben eine praxisnahe Übersicht der wichtigsten Grundsätze und ihrer Umsetzung, mit besonderem Blick auf aktuelle Anforderungen zur Nachweisführung.
Rechtlicher Rahmen
Das Lohnausfallprinzip verpflichtet Unternehmer zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für maximal sechs Wochen (42 Kalendertage). Danach übernimmt die gesetzliche Krankenkasse mit dem Krankengeld. Einzelne Arbeits- oder Tarifverträge können hiervon abweichende, längere Zeiten festlegen.
Wiederholte Arbeitsunfähigkeit
Tritt nach einer Krankheit dieselbe Diagnose erneut auf, spricht man von einer Fortsetzungserkrankung. Die Fehlzeiten können dann kumuliert werden; ein erneuter sechswöchiger Anspruch entsteht nicht. Erst wenn seit der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Erkrankung mindestens sechs Monate vergangen sind oder der erste Krankheitsfall mehr als zwölf Monate zurückliegt, beginnt ein neuer Anspruch. Es lohnt sich, dies in der eigenen Personalverwaltung im Blick zu behalten.
Grundlage und Fallen
Komplizierter wird es bei aufeinanderfolgenden, unterschiedlichen Krankheitstypen. Besteht zwischen zwei Erkrankungen eine, auch nur kurze, Phase voller Arbeitsfähigkeit, entsteht mit der neuen Krankheit ein neuer Sechswochenanspruch auf Entgeltfortzahlung. Die Zeiten können also nicht zusammengefasst werden. Umgekehrt kann der Arbeitgeber die Fehlzeiten zusammenrechnen, wenn die zweite Erkrankung noch im Krankheitszeitraum der ersten beginnt.
Der entscheidende rechtliche Grundsatz hierbei ist die vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Einheit des Verhinderungsfalls. Bemessen wird dies anhand des Zeitpunktes, an dem die zweite Krankheit einsetzt. Der neue Anspruch entsteht nur, wenn nachweislich die erste Arbeitsunfähigkeit beendet war, bevor die zweite beginnt. Die Beweislast für den Beginn und das Ende der einzelnen Krankheitsphasen liegt komplett beim Arbeitnehmer, was in der Praxis häufig zu Streit führt.
Praktische Anwendung und BAG-Entscheidung
Im Urteil des BAG (Az.: 5 AZR 505/18) wurde der Fall einer Arbeitnehmerin behandelt, die zunächst wegen einer psychischen Störung, dann wegen einer gynäkologischen Operation krankgeschrieben war. Der Arbeitgeber verweigerte die erneute Gehaltszahlung – zu Recht, wie das Gericht entschied. Der Arbeitnehmerin gelang es nicht zu beweisen, dass ihre erste Krankheit zum Zeitpunkt der zweiten bereits beendet war.
Eine sorgfältige Dokumentation der Krankheitszeiträume im Unternehmen schützt vor unnötigen Risiken und Rechtsstreitigkeiten. Es ist sinnvoll, die Rückkehr zur Arbeit und die Vorlage neuer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eindeutig zu erfassen. Dies erleichtert die eigene Nachweisführung und sorgt für Transparenz gegenüber den Sozialversicherungsträgern und im Streitfall.
Zusammenfassung der wichtigsten Grundsätze
- Bei wiederholter Arbeitsunfähigkeit mit gleicher Diagnose: kein neuer Anspruch, außer sechs Monate (seit der letzten Arbeitsunfähigkeit) oder zwölf Monate (seit erster Erkrankung) sind vergangen.
- Bei unterschiedlichen Krankheiten: Ein neuer Anspruch entsteht nur, wenn eine belegte Phase der Arbeitsfähigkeit zwischen beiden besteht.
- Die Beweislast für Krankheit und Genesung trägt der Arbeitnehmer.