Nahezu täglich geht es bei den Sozialgerichten um die Anerkennung von Arbeitsunfällen. Wie schwierig es für Betroffene manchmal sein kann, nachvollziehen, warum der eine Fall positiv beurteilt, im anderen hingegen gegen den Kläger entschieden wird, zeigen die beiden folgenden Urteile.
Beinbruch bei Grillparty: Arbeitsunfall
Das Sozialgericht Dortmund entschied, dass der Sturz einer alkoholisierten Arbeitnehmerin auf einem Grillabend im Rahmen eines Wochenendseminars als Arbeitsunfall gewertet werden muss (Az.: S 18 U 211/15). Es habe sich zweifellos um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt. Dass die Betroffene auf dem (eigentlich regelmäßig von den Gerichten als privat gewerteten) Weg zur Toilette gewesen war, war in diesem Fall für das Gericht nicht relevant.
Während die Berufsgenossenschaft Holz und Metall BGHM in Dortmund die Übernahme der Kosten für die Therapie und Rehabilitation sowie die Zahlung von Krankengeld abgelehnt hatte, befanden die Sozialrichter, dass die Party betrieblich veranlasst und zum Zeitpunkt des Unfalls gegen Mitternacht nicht offiziell durch einen Vorgesetzten beendet worden war. Dass keine Anwesenheitspflicht geherrscht hatte und sich nicht alle Mitarbeiter beteiligt hatten, stand der Anerkennung des Arbeitsunfalls ebensowenig entgegen wie die Alkoholisierung der Verunfallten.
Für Laien kaum nachzuvollziehende Urteile
Ein für juristische Laien als fast gegensätzliche Rechtsauslegung zu interpretierendes Urteil fällte das Sozialgericht Wiesbaden (Az.: S 32 U 34/14). Auch in Hessen ging es um die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, allerdings wurde bei dieser nicht gegessen und getrunken, sondern Volleyball gespielt. Zwar wurde auch diese Veranstaltung vom Arbeitgeber durchgeführt, um die Zusammengehörigkeit der Mitarbeiter zu fördern, einen betrieblichen Zusammenhang mochte das Gericht jedoch nicht herstellen.
Die Richter erläuterten in ihrer Urteilsbegründung, dass Betriebsfeste, Betriebsausflüge oder sonstige Gemeinschaftsveranstaltungen nur unter bestimmten Voraussetzungen der Arbeitssphäre zuzurechnen seien. Eine über die Berufsgenossenschaft unfallversicherte, betriebliche Veranstaltung müsse sich an alle Betriebsangehörigen oder an alle Angehörigen einer Abteilung richten. An einem betrieblichen Zusammenhang fehle es jedoch, wenn Freizeit, Unterhaltung oder Erholung bzw. sportliche oder kulturelle Interessen im Vordergrund stünden.
Knieverletzung beim Volleyball: kein Arbeitsunfall
Im Gegensatz zu der Teambuildingmaßnahme, bei der die Arbeitnehmerin aus Dortmund verunglückt war, habe es sich bei der Sportveranstaltung in Wiesbaden um eine gehandelt, die de facto nur einen Teil der 400 Mitarbeiter ansprach — die an Volleyball Interessierten. Spielberechtigt waren von den 150–200 erschienenen Beschäftigten wiederum nur rund 50. Ein Rahmenprogramm, das sich gezielt an die übrigen Betriebsangehörigen gerichtet hätte, wurde nicht in dem Sinne organisiert, dass von einer gemeinschaftsbildenden Maßnahme ausgegangen werden konnte. Und nicht zuletzt hatte sich die Einladung des Arbeitgebers nicht nur an die Arbeitnehmer gerichtet, sondern auch an Familienmitglieder, Fans, Besucher und Zuschauer. Damit stand für das Sozialgericht fest, dass das Volleyballturnier nicht betrieblich veranlasst war und die Knieverletzung des 41-Jährigen Spielers zu dessen privatem Lebensbereich gehört.