Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat klargestellt, dass ausländische Krankschreibungen grundsätzlich denselben Stellenwert wie deutsche haben – allerdings nur, wenn sie glaubhaft die Unterscheidung zwischen Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit belegen.
Im konkreten Fall stritt ein Lagerarbeiter mit einem Arbeitgeber über eine tunesische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beziehungsweise über die Lohnfortzahlung. Der Mann suchte zwei Tage vor Ablauf seines Urlaubs wegen schwerer Ischiasbeschwerden einen Arzt auf, der ihn mehrere Wochen krank schrieb und Ruhe verordnete.
Laut Attest war die Heimreise unmöglich. Trotzdem buchte der Arbeitnehmer nur einen Tag nach dem Arztbesuch für die Zeit gegen Ende seiner AU eine Fähre von Tunesien nach Italien und fuhr anschließend mit dem Auto nach Deutschland. Dort legte er später eine weitere, diesmal deutsche ärztliche Krankmeldung vor.
Der Arbeitgeber verweigerte die Entgeltfortzahlung, da die widersprüchlichen Handlungen des Arbeitnehmers Zweifel an der Glaubwürdigkeit der tunesischen Bescheinigung aufwarfen.
Eine Reihe Widersprüche
Das BAG hob die vorherige Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auf und betonte, dass Einzelumstände wie die lange Dauer der AU ohne Nachkontrolle, die Reiseplanung und die Autofahrt in ihrer Gesamtbetrachtung den Beweiswert der Krankschreibung erschüttern können. Damit trifft nun den Arbeitnehmer die volle Beweislast, das bedeutet, er muss die Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen. Der Fall wurde zur erneuten Prüfung an das LAG zurückverwiesen.
Trotz der in diesem Fall abgewiesenen Arbeitnehmerklage sendet das Bundesarbeitsgericht ein klares Signal: Nicht die Tatsache wo ein Attest ausgestellt wurde, ist entscheidend für eine Anerkennung, sondern die Faktenlage bei der stets vorzunehmenden Einzelfallbeurteilung (BAG, Az.: 5 AZR 284/24).