Die Sozialversicherungspflicht von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern stand immer wieder auf der Agenda des Bundessozialgerichts (BSG). 2015 hatte es seine Rechtsprechung neu ausgerichtet und Maßstäbe entwickelt, die praxistaugliche Antworten auf die stets individuell zu beantwortende Frage nach der Einordnung der Tätigkeit geben sollen.
Mit den Entscheidungen B 12 KR 37/19 R und B 12 R 19/19 R sowie B 12 R 20/19 R hat das BSG seine Rechtsprechung bekräftigt und weiter konkretisiert.
Grundsätzliche Einordnung
Ob die Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers als beitragspflichtige abhängige Beschäftigung oder als beitragsfreie selbständige Tätigkeit eingestuft wird, hängt entscheidend davon ab, ob er über die objektiv zu beurteilende Rechtsmacht verfügt, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung maßgeblich auf die Inhalte, Struktur und allgemeine Geschäftstätigkeit der Gesellschaft einzuwirken. Dabei kommt es auch auf die Frage an, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Lage ist, seine Strategien und Pläne ohne diese verhindernden Widerstand und anderslautende Weisungen umzusetzen. Ist dies der Fall, ist er sozialversicherungsrechtlich als Selbständiger anzusehen und unterliegt damit keiner Sozialversicherungspflicht.
Die Rechtmacht entscheidet
Die erforderliche Rechtsmacht ist in der Regel automatisch anzunehmen, wenn der Geschäftsführer mindestens 50 Prozent der Geschäftsanteile an der GmbH hält, denn damit kann er in keinem Fall überstimmt werden. Konstruktionen, die auch Gesellschafter-Geschäftsführern mit einer geringeren Beteiligung eine selbständige Tätigkeit ohne Beitragspflicht ermöglichen, wurden vom BSG umfassend gewürdigt – und oft genug nicht als tauglich beurteilt. Schuldrechtliche oder gesellschaftsrechtliche Treuhandverhältnisse, gesellschaftsvertraglich zugesicherte Sperrminoritäten, mittelbare Beteiligungen an Muttergesellschaften, familiäre Beziehungen und solche zwischen mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern, Vertrauensschutzes … nur wenige Ideen waren nach Ansicht der Richter umsetzbar.
Sperrminorität reicht nicht
2018 hatte sich das BSG bereits zu Sperrminoritäten geäußert und festgestellt, dass Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer nur dann selbständig tätig sind, wenn sie über eine im Gesellschaftsvertrag verankerte echte beziehungsweise qualifizierte Sperrminorität verfügen. Diese darf nicht auf bestimmte Angelegenheiten begrenzt sein, sondern muss uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassen (Az.: B 12 KR 13/17 R). Diese Auffassung hat das BSG im Februar 2022 bestätigt.
Wird die Sperrminorität in der Gesellschaftssatzung festgeschrieben, ist sie nur dann wirksam, wenn sie die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst. Es genügt nicht, den Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer in die – durchaus machtvolle – Lage zu versetzten, Weisungen zu Geschäftsführungsmaßnahmen zurückzuweisen oder alle Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu verhindern, selbst solche die seine Abberufung oder die Bestellung von weiteren oder anderen Geschäftsführern und Prokuristen betreffen. Auch wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer sein Veto gegen eine Änderung der Geschäftsordnung oder gar deren Aufhebung einlegen könnte, wäre dies für eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht nicht ausreichend.
Zwei gegen Einen
Ebenfalls deutlich gemacht hat das BSG, dass eine Dreierkonstellation in der Gesellschafter-Geschäftsführung auch bei einer gleichmäßigen Verteilung der Gesellschaftsanteile die erforderliche Rechtsmacht jeweils zweier der Geschäftsführer nicht erschaffen kann. Die Idee, aus der Macht der jeweils Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer eine Addition der Anteile zu konstruieren, klingt zwar in der Praxis nachvollziehbar, begründet jedoch keine sozialversicherungsrechtliche Selbständigkeit.