Seit Februar 2025 ist Artikel 4 der EU-Verordnung zur künstlichen Intelligenz in Kraft getreten. Diese neue Regelung verpflichtet Unternehmen, die KI-Systeme anbieten oder betreiben, für ausreichende KI-Kompetenz bei ihren Mitarbeitern zu sorgen – unabhängig von der Unternehmensgröße.
Unter KI-Kompetenz versteht die Verordnung die Fähigkeit, KI-Systeme sachkundig zu nutzen sowie deren Chancen und Risiken zu erkennen. Konkret geht es um Fähigkeiten, Kenntnisse und Verständnis, die einen verantwortungsvollen Umgang mit KI-Technologien ermöglichen.
Umsetzung der Kompetenzpflicht
Die Verordnung gibt kein einheitliches Konzept vor. Arbeitgeber müssen selbst entscheiden, wie sie diese Kompetenz vermitteln – abhängig von Branche, Einsatzbereich und Risikopotenzial der genutzten KI-Systeme. Ein strukturierter Ansatz umfasst:
- Eine Bedarfsanalyse zu eingesetzten KI-Systemen und vorhandenen Kompetenzen
- Allgemeine und spezifische Schulungsmaßnahmen
- Etablierung einer KI-Governance mit klaren Richtlinien
- Bei Bedarf Einsatz eines KI-Beauftragten
Obwohl nicht ausdrücklich gefordert, empfiehlt sich eine sorgfältige Dokumentation der Maßnahmen zum Schutz vor Haftungsrisiken – auch im Hinblick auf die DSGVO.
Interessanterweise sieht die Verordnung keine direkten Bußgelder oder Strafen bei Verstößen vor. Dennoch können Unternehmen haftbar gemacht werden, wenn durch mangelnde KI-Kompetenz Schäden entstehen, die durch angemessene Schulungen hätten verhindert werden können.
Praktische Tipps
Bestandsaufnahme und Vorbereitung
- KI-Inventar erstellen: Dokumentieren Sie alle im Unternehmen genutzten KI-Systeme und deren Einsatzbereiche.
- Risikobewertung durchführen: Klassifizieren Sie Ihre KI-Anwendungen nach Risikopotenzial gemäß der KI-Verordnung.
- Kompetenzlücken identifizieren: Ermitteln Sie durch Befragungen oder Assessments den aktuellen Wissensstand der Mitarbeitenden.
Schulungskonzept entwickeln
- Zielgruppenorientierte Schulungen: Entwickeln Sie abgestufte Schulungen für verschiedene Nutzergruppen (Basis-, Fortgeschrittenen- und Expertenwissen).
- Praxisnahe Formate: Kombinieren Sie theoretische Inhalte mit praktischen Übungen anhand realer Anwendungsfälle Ihres Unternehmens.
- Kontinuierliches Lernen: Planen Sie regelmäßige Auffrischungskurse und Updates zu KI-Entwicklungen ein.
Governance und Compliance
- KI-Richtlinien formulieren: Erstellen Sie verbindliche Leitlinien für den verantwortungsvollen Umgang mit KI im Unternehmen.
- Experten-Netzwerk aufbauen: Identifizieren Sie KI-affine Mitarbeitende als interne Multiplikatoren und Ansprechpartner.
- Entscheidungsprozesse definieren: Legen Sie fest, wie KI-bezogene Entscheidungen getroffen werden und wer verantwortlich ist.
Dokumentation und Qualitätssicherung
- Schulungsnachweise führen: Dokumentieren Sie Teilnahme und Erfolg aller Schulungsmaßnahmen systematisch.
- Feedback-Schleifen einrichten: Erfassen Sie regelmäßig Rückmeldungen zur Qualität und Praxisrelevanz der Schulungen.
- Wirksamkeit messen: Entwickeln Sie KPIs zur Bewertung des Schulungserfolgs und der Kompetenzsteigerung.
Ressourcenplanung
- Budget festlegen: Planen Sie ausreichend Ressourcen für Schulungen, externe Beratung und gegebenenfalls technische Infrastruktur ein.
- Zeitpläne erstellen: Beginnen Sie frühzeitig mit der Umsetzung, um bis Februar 2025 ein funktionierendes Konzept zu haben.
- Externe Unterstützung prüfen: Erwägen Sie die Zusammenarbeit mit spezialisierten Beratungsunternehmen oder Bildungsträgern.