Langzeitkonto: Was gilt bei Krankheit während der Freistellungsphase?

Langzeitkonten gelten als attraktive Modelle, um Arbeitszeit flexibel in Lebenszeit umzuwandeln. Wer über Jahre hinweg Überstunden oder Gehaltsbestandteile in ein solches Konto einzahlt, kann sich später längere Auszeiten leisten; sei es für ein Sabbatical, eine verlängerte Elternzeit oder den vorgezogenen Ruhestand. Doch die Praxis wirft immer wieder heikle Fragen auf. Eine davon lautet: Was passiert, wenn Beschäftigte während der Freistellung krank werden?

Das Landesarbeitsgericht Köln hat hierzu im April 2025 eine klare, aber für viele Betroffene ernüchternde Entscheidung getroffen (Az.: 3 SLa 629/24).

Krankheit ändert nichts an der Freistellung

Das Gericht stellte fest: Wird ein Arbeitnehmer während seiner Freistellung krank, so lebt das Zeitguthaben nicht wieder auf. Die angesammelten Stunden gelten – anders als beim Urlaubsanspruch – trotz Krankheit als verbraucht. Eine nachträgliche Auszahlung oder „Gutschrift“ des Guthabens am Ende des Arbeitsverhältnisses kommt nicht in Betracht.

Die Begründung knüpft an die grundlegende rechtliche Einordnung der Freistellung an: Sie bedeutet, dass der Arbeitnehmer von seiner Arbeitspflicht befreit ist, unabhängig davon, ob er diese Zeit tatsächlich zur Erholung oder anders nutzt. Krankheit verändert den Charakter dieser Befreiung nicht.

Der Unterschied zum Urlaub

Der vielleicht wichtigste Punkt liegt in der Abgrenzung zum Urlaub. Urlaub dient dem Zweck der Erholung, weshalb Krankheitstage dort nicht angerechnet werden dürfen. Bei der Freistellung aus einem Langzeitkonto ist das anders: Sie verfolgt in der Regel kein Erholungsziel, sondern gibt Arbeitnehmern die Freiheit, ihr Leben individuell zu gestalten. Ob diese Lebenszeit wie geplant genutzt werden kann, bleibt jedoch das Risiko des Einzelnen.

Ausnahmefälle durch Vereinbarungen

Die Entscheidung des Gerichts bedeutet nicht, dass es keinerlei Spielraum gibt. Abweichendes kann dann gelten, wenn in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder individuellen Regelungen festgelegt ist, dass die Freistellung zumindest teilweise auch Erholungszwecken dient. Ohne eine solche ausdrückliche Regelung bleibt es aber beim Grundsatz: Krankheit verbraucht das Guthaben mit.

Individuelle Regelung ist möglich

Für Arbeitnehmer bedeutet das Urteil vor allem eines: Wer sein Langzeitkonto plant, sollte sich bewusst sein, dass eine Freistellung keine „sichere Freizeit“ darstellt. Krankheitstage während dieser Phase führen nicht zu einer Verlängerung oder Erstattung des Zeitguthabens. Arbeitgeber wiederum sollten diese Rechtslage kennen, um Diskussionen kompetent begegnen zu können.

Es ist also sinnvoll, frühzeitig zu prüfen, welche Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag vorgesehen sind. Wer Klarheit schaffen will oder seinen Mitarbeitern entgegenkommen möchte, kann gezielt eine individuelle oder unternehmensweite Regelung schaffen, die den Umgang mit Krankheit während einer Freistellung eindeutig festlegt. Da diese Vereinbarung in der Regel zugunsten des Arbeitnehmers ausfallen wird, kann sie beliebig gestaltet werden.

Recht kurzweilig
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