Privates Tanken auf Firmenkarte: Kündigung

Die Dienst­wa­gen­richt­linie des Unternehmens zu kennen und zu beachten, kann Arbeitnehmer vor dem Verlust des Arbeitsplatzes bewahren. Eine ausschließlich für den Dienst­wagen über­las­sene Tank­karte zu nutzen, um eigene Autos zu betanken und zu waschen, wird gemäß Urteil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nie­der­sachsen als fortgesetzter Pflichtverstoß gewertet und rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung ohne vor­he­rige Abmah­nung.

Der Kläger hatte einen Dienst­wagen zur Ver­fü­gung gestellt bekommen, den er auch für private Fahrten nutzen durfte. Der Arbeitgeber übernahm die Lea­sing­raten, Ver­si­che­rungs­prämien, Über­füh­rungs­kosten, die lau­fenden Kosten für Reifen, Kraftstoff und andere Betriebsmittel sowie Wartung, Re­pa­ra­turen und Reinigung. Zum Tanken und für die Wagenpflege eben dieses Fahrzeugs waren zwei Tank­karten unter­schied­li­cher Anbieter vorgesehen.

Dienstwagenregelung frei erweitert

Diese Regelung, die sogar das Benzin für Privatfahrten beinhaltete, genügte dem Mitarbeiter offensichtlich nicht – er betankte auf Kosten des Unternehmens auch seine eigenen Autos. Das musste auffallen, denn nicht nur lagen die Betriebskosten für den BMW 320d weit über dem, was mit viel Phantasie noch akzeptabel wäre. Er musste zudem mit Diesel betankt werden, im Gegensatz zu dem mit Superbenzin zu betreibenden Porsche 911 Cabrio des Arbeitnehmers. Auch die Belege der Wagenwäsche wiesen häufiger ein aufwändig zu reinigendes Stoffdach aus, statt einen einfach in einer automatischen Anlage zu waschenden Kombi. Dabei blieb es jedoch nicht, denn der Mann besaß ein weiteres Fahrzeug, einen VW Touareg. Dieser tankte zwar Diesel, das Tankvolumen allerdings war deutlich größer als das des Firmenfahrzeugs, eines BWM 320 d. Auch diese Diskrepanz konnte nicht auf Dauer unbemerkt bleiben.

Vorinstanz lässt noch Milde walten

Als der Arbeit­geber die außer­or­dent­liche Kün­di­gung ausgesprochen hatte, reichte der Arbeit­nehmer Kündigungsschutzklage ein mit der Begründung, er habe seine Pri­vat­fahr­zeuge schließlich auch für dienst­liche Zwecke verwendet. Außerdem sei keine Abmahnung erfolgt und der Betriebs­rates im Zusammenhang mit dem Aus­spruch der Kün­di­gung nicht beteiligt worden. Damit war er vor dem Arbeits­ge­richt Lingen zunächst erfolg­reich. Die unzu­läs­sige private Nutzung der über­las­senen Tank­karte stelle zwar einen wich­tigen Grund für eine außer­or­dent­li­che Kün­di­gung dar, doch ver­letze diese das Ultima-Ratio-Prinzip. Dieses besagt, dass vor der Kün­di­gung als mil­deres Mittel abgemahnt werden müsse.

LAG geht von bewusstem Handeln aus

Das LAG Nie­der­sachsen hingegen erachtete die außer­or­dent­liche Kün­di­gung als wirksam. Die Dienst­wa­gen­richt­linie sei eindeutig: Es ist nicht gestattet, auch Pri­vat­fahr­zeuge mit den über­las­senen Tank­karten zu betanken. 38 Fälle seien kein Versehen oder Einzelfall, der gegebenenfalls über eine Abmahnung zu disziplinieren wäre. Vielmehr handle es um konsequent fortgesetztes, pflichtwidriges Handeln, durch das das Ver­mögen des Arbeit­ge­bers um mehr als 2.800 Euro geschä­digt worden sei. Bereits jeder ein­zelne Pflicht­ver­stoß stelle an sich einen wich­tigen Grund für eine Kündigung ohne verpflichtende Abmahnung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB dar, zumin­dest aber die Gesamt­heit der Ver­stöße bilde einen solchen Grund. Dass der Arbeitgeber das Vertrauen in seinen Mitarbeiter als nachhaltig zerstört bewertete, konnte das LAG nachvollziehen und erklärte die außerordentliche Kündigung für rechtmäßig (LAG Nie­der­sa­chsen Az.: 2 Sa 313/22).