Eine Videoverhandlung ist eine Gerichtsverhandlung, bei der eine oder mehrere Parteien per Videoübertragung teilnehmen, anstatt physisch im Gerichtssaal anwesend zu sein. Dabei müssen alle Beteiligten jederzeit sowohl sichtbar als auch hörbar sein, um den Grundsatz der „allseitigen zeitgleichen Wahrnehmung“ zu wahren. Eine Videoverhandlung kann entweder hybrid erfolgen – mit einzelnen Teilnehmern zugeschaltet – oder vollständig virtuell, sodass alle Beteiligten einschließlich des Gerichts per Videokonferenz verbunden sind.
Rechtliche Grundlage
Die Möglichkeit zur Durchführung von Videoverhandlungen gibt es in Deutschland seit 2002 und ist in § 128a der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Die Vorschrift wurde zuletzt überarbeitet und die Neufassung ist seit dem 19. Juli 2024 in Kraft. Wichtige Kernpunkte der aktuellen Fassung:
- Eine mündliche Verhandlung kann vollständig als Videoverhandlung durchgeführt werden.
- Der Vorsitzende Richter kann eine Videoverhandlung für einzelne oder alle Beteiligten anordnen. Dies kann nur innerhalb von zwei Wochen angefochten werden.
- Wer an einer Videoverhandlung teilnehmen möchte, kann dies beantragen, und der Antrag muss in der Regel genehmigt werden, sofern keine technischen oder rechtlichen Hindernisse bestehen.
- Videoverhandlungen dürfen aufgezeichnet werden, etwa zur Protokollierung.
Praktische Umsetzung
Obwohl Videoverhandlungen bei immer mehr Gerichten theoretisch möglich sind, zeigt ein Blick auf die Plattform Videoverhandlung.de, dass die Praxis hinter den gesetzlichen Möglichkeiten zurückbleibt. Dort lässt sich nachvollziehen, an welchen Gerichten die technischen Voraussetzungen gegeben sind, wie die Qualität eingeschätzt wird und wie oft Anträge auf Online-Verhandlungen abgelehnt werden – häufig aufgrund mangelnder Ausstattung.
Trotz der jüngsten Neufassung von § 128a ZPO, die Videoverhandlungen erleichtert, bleibt die Digitalisierung der Justiz Stückwerk, solange es an einheitlichen Lösungen und technischer Infrastruktur fehlt.