Ein Bier oder Weißwein zum Mittagessen, das Gläschen Sekt zum Anstoßen auf den Geburtstag der Kollegin, der Empfang zur Abschiedsfeier, die Wiedereinstiegsparty nach der Elternzeit – Gründe für Alkohol am Arbeitsplatz finden sich reichlich. Ist das erlaubt? Und wo verläuft die Grenze zwischen für den Arbeitgeber tolerabel und nicht akzeptabel, weil die Arbeitsleistung nach dem Genuss von Alkoholika nachgewiesenermaßen sinkt?
Viele Unternehmen verbieten Alkohol für alle Mitarbeiter oder für bestimmte, anhand ihrer Tätigkeit konkret definierte Beschäftigsgruppen während der Arbeitszeit, am Arbeitsplatz oder ganz generell auf dem Betriebsgelände. Damit ist klargestellt, dass ein Verstoß gegen dieses Verbot disziplinarische Konsequenzen von der Abmahnung bis hin zur ordentlichen oder fristlosen Kündigung haben kann.
Pflicht des Arbeitnehmers, nüchtern zu sein
Für diese hat jedoch der Arbeitgeber die Beweispflicht, dass der Arbeitnehmer sich in nicht arbeitsfähiger Verfassung befunden hatte oder ein erhöhtes Risiko für Unfälle bestand (BAG, Az.: 2 AZR 649/94). Ein Alkoholtest ist nicht nur nicht erforderlich, sondern aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen auch nicht durchführbar; es ist ausreichend, in einem etwaigen Arbeitsrechtsprozess einschlägige Indizien und Zeugenaussagen vorlegen zu können. Der Betroffene kann jedoch einen Alkoholtest verlangen, um die Anschuldigung zu widerlegen.
Doch selbst wenn kein explizites Verbot ausgesprochen wird, gilt die arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers, sich vor und während der Arbeitszeit in einem Zustand zu befinden, der es ihm ermöglicht, die geforderte Arbeitsleistung zu erbringen. Das bedeutet nicht nur, gesund und ausgeruht zum Dienstbeginn zu erscheinen, sondern eben auch, auf Alkoholkonsum außerhalb der Arbeitszeit zu verzichten, wenn dieser bedeutet, dass der Alkoholpegel während der Arbeitszeit erhöht sein könnte. Gesetzliche Grenzwerte wie beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr gibt es nicht, jedoch gilt beim Betrieb von Maschinen und Fahrzeugen die Regel, dass der Betreiber nüchtern zu sein hat.
Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit
Ein Sonderfall ist eine ärztlich attestierte Alkoholabhängigkeit, die als Krankheit zu werten ist. Hier gilt ein Fehlverhalten – der Alkoholkonsum am Arbeitsplatz – aufgrund fehlender Steuerbarkeit des Betroffenen als nicht schuldhaft verübt (BAG, Az.: 2 AZR 32/11; 2 AZR 649/94). Eine Kündigung ist damit nur personenbedingt, nach festgestellter negativer Prognose und nach objektiver Interessenabwägung möglich, etwa wenn von dem Mitarbeiter eine erhebliche Beeinträchtigungen der betrieblichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht (BAG, Az.: 2 AZR 210/86).
Die Prognose betrifft insbesondere das Stadium der Alkoholsucht sowie den erkennbaren Willen des Arbeitnehmers, seine Sucht zu überwinden, und soll die Frage beantworten, ob bereits Entziehungstherapien erfolgt sind und mit welchem Erfolg und ob aktuell eine Therapie läuft oder geplant ist (BAG, Az.: 2 AZR 32/11; LAG Rheinland-Pfalz, Az.: 3 Sa 32/19).
Hinweis: Bei personenbedingten Kündigungen ist stets der Betriebsrat anzuhören.