RECHTSLEXIKON: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (restitutio in integrum) ist ein Rechtsbehelf, der es ermöglicht, die Folgen einer unverschuldet versäumten Frist zu beseitigen. Die Folge ist, dass der Antragsteller rechtlich so gestellt wird, als hätte er die ursprüngliche Frist eingehalten.

Zentrale Voraussetzungen

  • Eine tatsächlich versäumte Frist
  • Fehlendes Verschulden bei der Fristversäumnis
  • Fristgerechter Antrag (in der Regel zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses)
  • Glaubhafte Darlegung der Gründe
  • Beachtung der Jahresausschlussfrist

Anwendungsbereiche

  • Zivilrecht (§§ 233 ff. ZPO)
  • Strafrecht (§ 44 StPO)
  • Verwaltungsrecht (§ 60 VwGO)
  • Steuerrecht (§ 56 FGO)
  • Sozialrecht (§ 67 SGG)

Typische unverschuldete Hinderungsgründe

  • Plötzliche, schwere Erkrankung
  • Unerwartete Verhaftung
  • Naturkatastrophen
  • Fehlleitungen von Anträgen durch Behörden

Besonderheiten der Glaubhaftmachung

  • Die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Glaubwürdigkeit der Rechtfertigung genügt (sogenanntes herabgesetztes Beweismaß)
  • Zulässige Beweismittel sind Urkunden, eidesstattliche Versicherungen, Zeugenaussagen
  • Erforderlich ist jedoch, dass die Beweismittel unverzüglich verfügbar sind

Wichtige Sonderregelungen

  • Im Zivilprozess wird ein Verschulden des Anwalts dem Mandanten zugerechnet (woraus ein Haftungsfall des Anwalts gegenüber seinem Mandanten entstehen kann)
  • Im Strafprozess hingegen erfolgt keine Zurechnung eines Verschuldens des Verteidigers (um den Angeklagten nicht durch Fehler Dritter schlechter zu stellen)
  • Bei fehlender oder fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung gilt die gesetzliche Vermutung des fehlenden Verschuldens (wobei in diesem Fall Fristen in der Regel erst gar nicht zu laufen beginnen)

Die Wiedereinsetzung dient dem effektiven Rechtsschutz und verhindert ungerechte Ergebnisse durch rein formale Fristversäumnisse. Durch ihre strengen Voraussetzungen wird gleichzeitig die Rechtssicherheit gewahrt.