Hat ein Beteiligter an einem Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren eine Frist unverschuldet oder nur mit geringem Verschulden versäumt, kann auf Antrag eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolgen. Damit gilt der Rechtsstand zum Zeitpunkt des letzten Verwaltungsaktes und vor dem Fristablauf, es wird also fingiert, es habe es alle folgenden Rechtsstände nicht gegeben. Die Frist wird jedoch nicht verlängert, stattdessen wird die verspätet nachgeholte Handlung – etwa der Einspruch gegen einen Steuerbescheid – als fristgerecht erfolgt gewertet.
Die Wiedereinsetzung ist kein übliches Rechtsmittel, sondern eine Einzelfallentscheidung, die von der Behörde oder dem Gericht intensiv geprüft wird. Um sie zu erreichen, muss der Antrag inhaltlich eine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen enthalten. Daneben müssen objektiv nachvollziehbare Beweise erbracht werden, die über eine reine Zeugenaussage hinausgehen. Nicht akzeptiert werden Nachlässigkeit im Büroalltag oder fehlerhafte Einspruchsschreiben. Hingegen gelten ein längerer Urlaub oder eine schwere Krankheit als hinreichende Gründe. Es ist jedoch zu belegen, dass auch während der Abwesenheit die Post in regelmäßigen Abständen kontrolliert wird beziehungsweise wurde.
Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist nach Kenntniserlangung des Versäumnisses beantragt werden; sie kann bis zu vier Wochen betragen, wenn der Rechtsanwalt oder Steuerberater verhindert ist, etwa durch Krankheit oder Abwesenheit. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung – beispielsweise ein Einspruch – nachzuholen.