Sind radikale Äußerungen in der Freizeit ein Kündigungsgrund?

Rechtsradikale Äußerungen bei Facebook, verfassungswidrige Symbole auf der Kleidung, der erhobene rechte Arm im Youtube-Video – alles private Äußerungen, die den Arbeitgeber nichts angehen? Kommt darauf an. Auch außerhalb der Arbeitszeit kann das Fehlverhalten eines Arbeitnehmers arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Doch es gilt zu differenzieren, wie das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen belegt (Az.: 13 Sa 371/18).

“Ausländer raus!”

Verhandelt wurde der Streit um die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung beziehungsweise um die Weiterbeschäftigung eines Mannes, der sich auf Mallorca lautstark fremdenfeindlich verhalten hatte – und das in einem Maße, dass verschiedene Medien darüber berichtet hatten. Er hatte mit einer Gruppe Gleichgesinnter in einer großen Diskothek eine schwarz-weiß-rote Flagge ausgebreitet, die einer Reichskriegsflagge nachempfunden war. Dazu hatten sie “Ausländer raus!” skandiert.

Das Unternehmen, das eigenem Bekunden zufolge Personen aus 114 Nationen beschäftigt, wollte nicht hinnehmen, dass ein Mitarbeiter in der Öffentlichkeit mit rechtsradikalem und verfassungswidrigem Verhalten auf sich aufmerksam macht. Das Auftreten auf Mallorca war wohl nur der letzte Stein des Anstoßes, nachdem sich der Arbeitnehmer bereits auf Facebook mehrfach in rechtsradikaler Art und Weise geäußert und entsprechende Inhalte geteilt hatte.

Man verspüre, so die Begründung des Arbeitgebers für die fristlose Kündigung, eine besondere Verantwortung, gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit oder rassistischem Gedankengut vorzugehen. Auch die Geschichte des Unternehmens, in der auch der Einsatz von Zwangsarbeitern während der Zeit des Nationalsozialismus dokumentiert ist, sei neben den für alle Beschäftigten verbindlichen Verhaltensgrundsätzen sowie einer einschlägigen Betriebsvereinbarung Grund genug für eine Trennung. Diese könne notfalls auch fristgerecht und unter Zahlung einer Abfindung erfolgen. Eine gemeinsame Zukunft sehe man nicht.

Arbeitgeber argumentiert mit Firmenhistorie

Der Betroffene hingegen gab an, er sei an dem Vorfall nicht aktiv beteiligt gewesen, sondern habe abseits gestanden. Zudem komme es für eine verhaltensbedingte Kündigung auf das Auftreten am Arbeitsplatz an und nicht auf das im privaten Umfeld. Das Arbeitsgericht hatte in der ersten Instanz dem Kläger recht gegeben und die Kündigung als nicht angemessen gewertet – ein Urteil, dem sich das LAG Niedersachsen als Berufungsinstanz anschloss. Der Mitarbeiter muss weiterbeschäftigt werden.

Die Gründe sollten differenziert und einzeln betrachtet werden.

  • Es handelte sich um ein außerdienstliches Verhalten.
  • Es wurden keine Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt.
  • Der Betrieb ist kein öffentlicher Arbeitgeber, verfolgt keine politischen oder religiösen Ziele und ist auch nicht als Tendenzbetrieb eingestuft.
  • Das Unternehmen ist groß. (Anmerkung: Damit bildet es einen Querschnitt der Gesellschaft ab, zudem ist es in der Lage, Einzelfälle inner- und außerbetrieblich abzufedern.)
Konkreter Schaden muss erkennbar sein

Ein privatwirtschaftliches Unternehmen müsste einen konkreten Schaden nachweisen können, der durch das Verhalten eines Mitarbeiters entsteht. Dieser kann finanzieller Art sein, etwa durch die Ausschließung von Geboten auf öffentliche Aufträge oder die Kündigung von Verträgen durch öffentlich-rechtliche Auftraggeber. Auch ein Imageschaden kann ein Kündigungsgrund sein; belegt werden muss aber auch dieser. Wird ein größerer Betrieb vom Verhalten eines einzelnen Mitarbeiters nicht objektiv nachvollziehbar signifikant beeinflusst, ist eine Entlassung nicht gerechtfertigt. Da sich im verhandelten Fall der Mann am Arbeitsplatz offenbar korrekt verhalten hat, kann auch nicht von einer Störung des Betriebsfriedens ausgegangen werden.