Der Fall, der dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt wurde, stammt zwar aus Finnland, ist aber auf Deutschland zu übertragen. Es ging um die Frage, ob eine Erkrankung den Urlaubsanspruch teilweise verfallen lassen kann. Grundsätzlich besteht der Anspruch weiter, was bedeutet, dass die aufgrund von Arbeitsunfähigkeit „versäumten“ Urlaubstage vom Arbeitnehmer nach seiner Gesundung genommen werden dürfen. Alternativ ist bei Vorlage der Voraussetzungen eine Abgeltung möglich. Doch der EuGH hat nun deutlich gemacht, dass es einen Unterschied gibt zwischen gesetzlichem Urlaubsanspruch und tariflichem oder durch den Arbeitgeber freiwillig erhöhtem.
Das Unionsrecht schreibt in Art. 7 Abs. 1 der EU-Richtlinie 2003/88 eine Mindesturlaubsdauer von vier Wochen vor. Und nur für diese, so der EuGH, gelte die Regelung, dass Urlaub durch Krankheit nicht verfallen dürfe. Wenn einzelne Länder längere Urlaube gewähren – wie etwa Finnland, das über eine sehr großzügige Urlaubsregelung verfügt, aber auch Deutschland -, würde das nicht das EU-Recht betreffen, sondern sei eine nationale Angelegenheit. Diese zusätzlichen Urlaubstage können durch Krankheitszeiten verfallen, ohne dass europarechtliche Einwände dagegen bestünden. Solange ein Mitgliedsland durch seine Regelungen die vier Wochen Mindesturlaubsdauer nicht unterschreitet, könne es frei entscheiden, wie Urlaub gewährt, übertragen oder gutgeschrieben werde (EuGH, Az.: C‑609/17 und C‑610/17).