Rechtslexikon: Die Betriebsvereinbarung

Mittels Betriebsvereinbarungen, dem wichtigsten Teil der betrieblichen Mitbestimmung, können eine Reihe betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Regelungen verbindlich aufgestellt werden. Ohne diese durch die Vertragsparteien Arbeitgeber und Betriebsrat ausgehandelten, für alle Mitarbeiter geltenden Rechte und Pflichten sind aufwändige Einzelvereinbarungen oder eine Gebots- und Verbotsliste als Anhang zum Arbeitsvertrag erforderlich. Beispiele könnten die private Handy- und Internetnutzung sein, Zeiterfassung und Pausenregelung, das Mitbringen von Hunden, Fuhrpark- und Parkplatzregelungen, Rauchen auf dem Betriebsgelände und vieles mehr. Vertragspartner sind Arbeitgeber und der Betriebsrat und damit indirekt die Belegschaft. 

Gesetze haben grundsätzlich Vorrang

Doch Betriebsvereinbarungen haben auch Grenzen. Diese verlaufen, wo Gesetze, Verordnungen und durch Gerichte aufgestellte Rechtsgrundsätze gelten. So können weder gesetzlich verankerte Urlaubsansprüche noch Kündigungsfristen zu Ungunsten der Arbeitnehmer geändert werden. Die Privatsphäre von Mitarbeitern ist tabu; der Krankenbesuch des Vorgesetzten muss also entfallen. Geltende Arbeitsschutz- und Datenschutzregelungen sowie Persönlichkeitsrechte sind ebenso nicht verhandelbar wie etwa Arbeitszeitverlängerungen über das rechtlich zulässige Maximum hinaus. Generell kann festgehalten werden, dass keinerlei Benachteiligung einzelner oder aller Arbeitnehmer gegenüber anderen oder dem Arbeitgeber erfolgen dürfen.

Tarifverträge regeln Grundlegendes

Die Regelungsbefugnis der Parteien wird zudem eingeschränkt durch den sogenannten Tarifvorrang, den § 77 Abs. 3 BetrVG beschreibt. Hier dürfen Arbeitgeber nicht nur dann nicht eingreifen, wenn sie tarifvertraglich gebunden sind, sondern grundsätzlich nicht. In der Regel geht es in Tarifverträgen um Entgelte, Zulagen und Prämien sowie um alle Arten von Arbeitsbedingungen. Gibt es keine gesetzliche oder tariflichen Bestimmungen, steht  dem Betriebsrat ohnehin gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht zu, eine Betriebsvereinbarung ist also nicht erforderlich. Ergänzende individuelle betriebliche Vereinbarungen können getroffen werden, wenn der Tarifvertrag dies in einer Öffnungsklausel zulässt – dann jedoch ausschließlich innerhalb dieser meist engen Grenzen. Sind für einen Bereich oder eine Branche ausdrücklich keine tarifvertraglichen Regelungen geschlossen, können Betriebsvereinbarungen innerhalb des gesetzlichen Rahmens getroffen werden.

Warum diese Einschränkungen der Vertragsfreiheit, die das deutsche Recht prägt? Weil die Regelung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen grundgesetzlich verankert eine Angelegenheit der Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften ist (Art. 9 Abs. 3).