RECHTSLEXIKON: Interne Geschäfts­führerhaftung

Ver­letzt ein Geschäfts­führer seine vertraglichen oder gesetzlichen Pflichten und ent­steht der Gesell­schaft dadurch ein Schaden, tritt grundsätzlich der Haftungsfall ein und der Verschuldende hat Schadensersatz zu leisten (§ 46 Nr. 8 GmbHG). Dabei haftet er vollumfänglich mit seinem Privatvermögen. Verschulden bedeutet, dass Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorliegen muss. Es gilt in diesem Zusammenhang der Grundsatz der “Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmannes”, der dem Handelsgesetzbuch zu entnehmen ist und auch in den GoBD Niederschlag findet.

Wie bei fast allen Regeln gilt auch hier: Es gibt Aus­nahmen. Der Geschäfts­führer haftet ins­be­son­dere dann nicht, wenn sein Handeln von den Gesell­schaf­tern hingenommen oder gebil­ligt wurde, eine entsprechende Vereinbarung getroffen oder er gar zu einem pflichtwidrigen Verhalten gedrängt wurde. Das hat er zu beweisen. Erfolgt eine vollständige Entlastung durch die Gesellschafterversammlung, sind spätere Ansprüche an den Geschäftsführer in der Regel ausgeschlossen. Eine Entlastung kann auch teilweise erfolgen. Denkbar ist eine zeitlich begrenzte Entlastung, etwa das vorangegangene Geschäftsjahr betreffend. Damit wäre für das aktuelle Geschäftsjahr die Haftung nicht ausgeschlossen. Auch ein abweichender Berichterstattungszeitraum ist denkbar, etwa zwischen zwei Gesellschafterversammlungen. Auch ein bestimmter Bereich und sogar einzelne Aspekte können aus der ansonsten erteilten Entlastung genommen werden.

Die Ent­las­tung umfasst alle Tat­sa­chen, die die Gesell­schafter auf­grund der Bericht­erstat­tung durch den Geschäfts­führer oder aus den vor­ge­legten Unter­lagen kannten oder bei sorg­fäl­tiger Prüfung der Unterlagen und im Zweifel wiederholter Befragung des Geschäftsführers hätten erkennen können. Dabei gilt eine durchaus weitreichende Erkundungs- und Prüfungspflicht. So müssen die Gesell­schafter durchaus auch zum Taschenrechner greifen und vorgelegte Berechnungen kontrollieren oder externe Berater hinzuziehen.

Dem gegenüber steht die Informationspflicht des Geschäftsführers. Legt dieser den Gesell­schaf­tern nicht alle Unterlagen vor oder gibt ihnen nicht hin­rei­chend Gele­gen­heit zur Aus­übung ihrer Ein­sichts-, Infor­ma­tions- und Aus­kunfts­rechte, kann die Entlastung angefochten werden und der Haftungsausschluss ist unwirksam. Das gilt auch, wenn Tatsachen durch den Geschäftsführer verschwiegen oder verschleiert werden, in Dokumentationen irreführende Bezeichnungen verwendet wurden oder Nachfragen nicht oder nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden.

Kommt es aufgrund eines Fehlverhaltens des Geschäftsführers zu einem Schaden, tritt zwar der Haftungsfall, jedoch nicht automatisch eine Schadensersatzpflicht ein. Diese ist durch einen Gesellschafterbeschluss herbeizuführen – es muss also abgestimmt werden. Kommt keine Mehrheit dafür zustande, ist die Angelegenheit in der Regel erledigt, denn einzelne Gesellschafter haben keine Möglichkeit selbst gegen den Geschäftsführer zu klagen, wenn die Stimmabgabe im Rahmen der Gesellschafterversammlung ordnungsgemäß und nicht missbräuchlich oder gar durch Nötigung oder Erpressung durch den Geschäftsführer zustande gekommen ist. (Siehe hierzu: OLG Bran­den­burg, Az.: 7 U 60/21)