Gleich zwei Fragen innerhalb eines Falls hatte der Europäische Gerichtshof auf Vorlage durch das Landesarbeitsgericht Bremen zu klären:
- Wie ist generell die arbeitsrechtliche Situation für Arbeitnehmer nach dem Renteneintrittsalter einzuordnen? Muss der Arbeitgeber einwilligen, wenn der Mitarbeiter auf eigenen Wunsch weiterarbeiten möchte?
- Ist eine Befristung des Arbeitsverhältnisses möglich, wenn der Arbeitnehmer nach der Regelaltersgrenze einvernehmlich weiterbeschäftigt wird? Konkret stellt sich hier die Frage nach dem Verbot der Diskriminierung aufgrund des Alters nach § 41 SGB VI.
Dass ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich über die Regelarbeitszeit hinaus verlängert wird, hat gute Gründe. Arbeitnehmer fühlen sich im Job und im Unternehmen wohl und auch fit genug, noch einige Monate oder gar Jahre weiterzuarbeiten, und Arbeitgeber schätzen die Erfahrung älterer Mitarbeiter. Doch eine unbefristete Weiterbeschäftigung birgt Risiken. Die künftige Leistungsfähigkeit kann nicht abgeschätzt werden und auch Krankheitsausfälle treten im fortgeschrittenen Alter statistisch belegt häufiger auf. Die Lösung könnte eine Befristung sein. Doch da es keinen anderen Grund dafür gibt als da Alter des Arbeitnehmers, tritt das Antidiskriminierungsgesetz auf den Plan.
Ist die deutsche Regelung EU-konform?
2014 bereits wurde § 41 Satz 3 SGB VI RV-Leistungsverbesserungsgesetz eingeführt, um die befristete Beschäftigung von Arbeitnehmern nach Erreichen der Regelaltersgrenze zu erleichtern. Damit wurde es möglich, die arbeits- oder tarifvertraglich festgelegte Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des Renteneintrittsalters auf einen späteren Zeitpunkt hinauszuschieben — befristet und gegeben falls sogar mehrfach. Einen neuen Grund für die Befristung zu definieren wurde hingegen versäumt. Ob die deutsche Regelung gegen das EU-Verbot der Altersdiskriminierung oder gegen die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge verstößt, sollte auf Antrag des LAG Bremen der EuGH Gerichtshof klären.
Die Richter in Luxemburg entschieden, dass weder eine Diskriminierung aufgrund des Alters vorliegt, noch ein mehrfach hinausgeschobener Renteneintritt unzulässig ist. Eine mehrfache Befristung stellt in diesem Fall eine Ausnahme dar, die auf dem arbeits- und tarifvertraglichen Grundsatz fußt, dass das Arbeitsverhältnis automatisch bei Erreichen der Regelaltersgrenze endet. Die Weiterbeschäftigung setzt damit zwingend die Zustimmung beider Vertragsparteien voraus. Der EuGH zweifelte sogar an, dass es sich um eine Befristung im Sinne des Arbeitsrechts handelt und geht eher von einem Hinausschieben des automatischen Endes des Arbeitsverhältnisses aus. Zudem, so ergänzte das Gericht, seien Rentner finanziell abgesichert, eine gesellschaftspolitisch unerwünschte Prekarisierung liege demnach ebensowenig vor wie der Missbrauch befristeter Arbeitsverträge (Az.: C-46/17).