Wer meint, Juristinnen und Juristen seien kleinlich, wenn sie auf jedes Wort und Zeichen achten, bekommt nun richterliche Bestätigung: Schon eine minimale Abweichung im Wortlaut kann Anlass für Streit bieten – wenn auch nicht immer mit Erfolg.
Das Sächsische Finanzgericht hatte über eine Rechtsbehelfsbelehrung zu entscheiden, in der § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht ganz wörtlich wiedergegeben war. Statt „am dritten Tag nach Aufgabe zur Post“ hieß es dort „mit dem dritten Tag“. Der Unterschied mag marginal klingen, ist aber im Steuerrecht durchaus keine Nebensache.
Ein Einspruch mit Umwegen
Das Finanzamt hatte 2019 die Einkommensteuer und ab dem zweiten Quartal 2022 die Vorauszahlungen festgesetzt. Der Bescheid ging am 1. April 2022 an den Prozessbevollmächtigten des Steuerpflichtigen. Erst am 2. Mai 2022, also einen Monat später, legte dieser Einspruch gegen die Vorauszahlungen ein.
Nachdem das Finanzamt zur Begründung aufforderte, kam ein weiterer Einspruch: diesmal gegen den Einkommensteuerbescheid 2019. Der Bevollmächtigte argumentierte, die Rechtsbehelfsbelehrung sei fehlerhaft – und damit die Einspruchsfrist gar nicht in Gang gesetzt worden. Der Knackpunkt: das unscheinbare Wörtchen „mit“.
Wortlautabweichung ohne Rechtsfehler
Das Finanzamt blieb gelassen und wies den Einspruch als unzulässig zurück. Das Finanzgericht Dresden bestätigte diese Sicht: Die Belehrung sei nicht unrichtig.
Eine Rechtsbehelfsbelehrung gilt nur dann als fehlerhaft, wenn sie unvollständig, falsch oder missverständlich ist und dadurch objektiv die Fristwahrung gefährden kann. Kleinste sprachliche Abweichungen genügen nicht, solange der Inhalt für eine verständige Person eindeutig bleibt.
Im konkreten Fall sei das Wort „mit“ nicht irreführend. Im Fristenrecht würden „mit“ und „am“ nach gängiger Auslegung synonym gebraucht. Für die Fristberechnung nach § 108 AO i. V. mit § 187 BGB bleibt es dabei: Der Tag der Bekanntgabe selbst zählt nicht zur Frist, auch wenn das Ereignis zu Tagesbeginn wirkt.
Präzision bleibt dennoch Pflicht
Das Urteil zeigt exemplarisch, dass juristische Formulierungen zugleich robust und empfindlich sein können. Nicht jede sprachliche Unsauberkeit führt zur Unwirksamkeit – doch wer rechtssicher handeln will, bleibt besser beim exakten Gesetzeswortlaut (Sächsisches FG, Az.: 8 K 870/23).