Das Bundesarbeitsgericht musste unlängst einen ungewöhnlichen Fall klären: Eine Arbeitnehmerin forderte 2022 die Auszahlung von Urlaubstagen aus dem Jahr 2018. Die zentrale Frage dabei: Welches Gehalt bildet die Berechnungsgrundlage?
Der Sachverhalt
Die betroffene Mitarbeiterin war von Dezember 2018 bis September 2019 krankgeschrieben. Ab Oktober 2019 erhielt sie eine Erwerbsminderungsrente. Als ihr Arbeitsverhältnis im Mai 2022 endete, verlangte sie die finanzielle Abgeltung von 16 nicht genommenen Urlaubstagen aus 2018. Zwischenzeitlich war der gesetzliche Mindestlohn um 5,88 Euro brutto gestiegen, Dies warf die Frage, ob die Berechnung auf Basis des damaligen oder des aktuellen Lohns erfolgen sollte.
Die Berechnung
Grundsätzlich setzt sich die Urlaubsabgeltung aus zwei Komponenten zusammen: der Anzahl der nicht genommenen Urlaubstage und dem entsprechenden Tageslohn. Letzterer orientiert sich normalerweise am Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen vor Vertragsende. In diesem Zeitraum hatte die Klägerin jedoch kein Gehalt bezogen.
Das BAG stellte in seiner Entscheidung (Az.: 9 AZR 137/24) klar, dass Zeiten ohne Vergütung aufgrund unverschuldeter Arbeitsausfälle – etwa durch Krankheit oder Erwerbsminderungsrente – Beschäftigte nicht benachteiligen dürfen. Maßgeblich ist daher das übliche Arbeitsentgelt zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung. Die Urlaubstage wurden folglich mit dem höheren Mindestlohn von 2022 vergütet.
Der Anspruch
Normalerweise erlischt ein Urlaubsanspruch spätestens am 31. März des übernächsten Jahres, wenn er krankheitsbedingt nicht wahrgenommen werden konnte. Doch hier gab es eine Besonderheit: Die Arbeitnehmerin hatte 2018 zunächst noch gearbeitet, bevor sie erkrankte.
Die Vorinstanz betonte, dass Arbeitgeber ihre Beschäftigten aktiv zur Urlaubsnahme auffordern und deutlich auf den drohenden Verfall hinweisen müssen. Diese Pflicht hatte der Arbeitgeber 2018 versäumt. Daher blieb der Urlaubsanspruch bestehen – ein Punkt, der vor dem BAG nicht mehr umstritten war.