Nach einer Kündigung folgt nicht selten die schnelle Freistellung. Der Arbeitgeber verzichtet dabei auf die Arbeitsleistung, zahlt aber weiter Gehalt – ein Routinevorgang in vielen Unternehmen. Man will verhindern, dass der baldige Ex-Mitarbeiter Kunden und Kollegen abwirbt, Unterlagen kopiert und andere unternehmensschädliche Handlungen vornimmt. Doch was rechtlich nachvollziehbar ist, kann kostspielige Folgen haben, wenn der Arbeitsvertrag fehlerhaft formuliert ist. Das zeigt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (Az.: 5 SLa 249/25).
Der Fall: Freistellung und Dienstwagenrückgabe
Ein Gebietsleiter hatte seine Stelle mit sechsmonatiger Kündigungsfrist zum 31. Oktober 2024 gekündigt. Der Arbeitgeber reagierte prompt: Freistellung im Mai, Rückgabe des Dienstwagens bis Ende Juni. Grundlage dafür war eine Standardklausel im Arbeitsvertrag, die dem Arbeitgeber bei oder nach einer Kündigung die Freistellung und den Entzug der Dienstwagennutzung erlaubte.
Der Arbeitnehmer gab den Wagen zurück, doch damit begann der Streit. Da er das Fahrzeug auch privat nutzte und kein anderes Auto besaß, verlangte er eine Entschädigung für die fehlende Nutzung zwischen Juli und November 2024. Er argumentierte, dass die Freistellungs- und Widerrufsklauseln unwirksam seien; zudem habe der Arbeitgeber sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.
Das Urteil: Entschädigung für Nutzungsausfall
Das Fericht gab dem Arbeitnehmer recht. Die Freistellung sei nicht rechtmäßig gewesen, da die vertragliche Grundlage – eine pauschale Freistellungsklausel – gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 2 BGB verstoße. Eine solche Klausel benachteilige Beschäftigte unangemessen, wenn sie keine konkreten Gründe nennt, die eine Freistellung rechtfertigen.
Der Urteilsbegründung zufolge dürfen Arbeitgeber Mitarbeitende während der Kündigungsfrist nicht automatisch freistellen. Sie müssen ein überwiegendes, schutzwürdiges Interesse nachweisen, etwa die Gefahr der Preisgabe sensibler Informationen, eines Wettbewerbsverstoßes oder einer gezielten Kundenabwerbung. Solche Gründe lagen hier nicht vor.
Da der Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens unmittelbar an die (unwirksame) Freistellung gekoppelt war, konnte der Arbeitgeber diesen ebenfalls nicht wirksam widerrufen. Folglich musste er dem Arbeitnehmer eine Nutzungsausfallentschädigung zahlen.
Die Konsequenzen: Pauschalklauseln vermeiden
Das Urteil erinnert Arbeitgeber daran, dass Standardklauseln im Arbeitsvertrag nicht grenzenlos wirksam sind. Formulierungen nach dem Motto „Der Arbeitgeber ist bei oder nach Kündigung zur Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung berechtigt“ genügen den gesetzlichen Anforderungen nicht. Ohne konkrete, sachlich gerechtfertigte Gründe ist eine einseitige Freistellung unzulässig.
Arbeitnehmern macht das Urteil einmal mehr bewusst, dass selbst nach einer Kündigung grundsätzlich der Anspruch besteht, bis zum Ende der Frist beschäftigt zu werden. Dazu gehören neben der Entlohnung auch vereinbarte Nebenleistungen wie eine Dienstwagennutzung. (Es gilt, nebenbei bemerkt, allerdings auch, dass der Arbeitgeber die Freistellung widerrufen und den Arbeitnehmer wieder zur Arbeit verpflichten kann.)