Der Arbeitsvertrag eines Geschäftsführers geht bei einem Betriebsübergang auf den Erwerber des Betriebs über, selbst wenn der Geschäftsführer sein Amt niederlegt oder abberufen wird. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Urteil klargestellt. Um zu verdeutlichen, wie komplex sich die Situation in der Praxis darstellen kann, erläutern wir nachfolgend die Rechtslage.
Organstellung und Vertragsverhältnis
Der Geschäftsführer ist Organ der Gesellschaft. Seine gesellschaftsrechtliche Stellung ist unabhängig von einer schuldrechtlichen Vereinbarung mit der Gesellschaft. Anders als normale Arbeitnehmer, werden Geschäftsführer nicht aufgrund eines Vertrages tätig, sondern durch Bestellung und (da es sich um ein zweiseitiges Rechtsgeschäft handelt) nach deren Annahme.
Arbeitsvertrag und Dienstvertrag
In der Regel wird der Geschäftsführer jedoch für seine Tätigkeit vergütet und hat Anspruch auf Urlaub und weitere zu vereinbarende Leistungen. Dies wird im Geschäftsführerdienstvertrag geregelt, der in der Regel die Dauer des Vertrages an die Bestellung als Geschäftsführer koppelt. Wird der Geschäftsführer abberufen, endet auch der Dienstvertrag.
Bestehende Arbeitsverhältnisse
Hat der Geschäftsführer bereits vor seiner Bestellung als Geschäftsführer einen Arbeitsvertrag mit der Gesellschaft, endet dieser nicht automatisch mit der Bestellung. Er muss ausdrücklich beendet und aufgehoben werden. Dies geschieht durch einen Aufhebungsvertrag. Ohne diesen bleibt der Arbeitsvertrag bestehen und der Geschäftsführer wird nach seiner Abberufung wieder zum normalen Arbeitnehmer mit allen entsprechenden Rechten und Pflichten.
Nach dem Betriebsübergang
Geht der Betrieb über, geht auch das Arbeitsverhältnis des (nun früheren) Geschäftsführers über, da § 613a BGB auch anwendbar ist, wenn der rechtlichen Beziehung zwischen Organ und Gesellschaft ein Arbeitsverhältnis zugrunde liegt. Der frühere Geschäftsführer hat also gegen den Erwerber des Betriebs einen Anspruch auf Beschäftigung und Bezahlung entsprechend seinem Arbeitsvertrag. Der frühere Geschäftsführer kann jedoch nicht verlangen, zum Organ (Geschäftsführer) des Erwerbers des Betriebs bestellt zu werden.
Praxistipp für Erwerber
Der potenziell neue Betriebsinhaber sollte daher sorgfältig prüfen, ob der Geschäftsführer aufgrund eines Dienstvertrages oder eines Arbeitsvertrages tätig ist. Nur im Falle eines Dienstvertrages kann der Erwerber den Geschäftsführer frei auswechseln. Um nicht mit dem Risiko konfrontiert zu sein, den bisherigen Geschäftsführer als Arbeitnehmer weiterbeschäftigen oder kündigen und finanziell abfinden zu müssen, muss er sicherstellen, dass ein Dienstvertrag vorliegt, der zeitgleich mit der Abberufung als Geschäftsführer endet (BAG, Az.: 6A ZR 228/22). Im Zweifel sollte über den Kaufpreis des Betriebs entsprechend nachverhandelt werden.